Ein enttäuschendes Gesetz – Neues zur Barrierefreiheit 6-2021

Flagge der Europäischen UnionNun ist er verabschiedet, der European Accessibility Act (EAA) bzw. seine deutsche Umsetzung, das Barrierefreiheits-Stärkungs-Gesetz.
Ein Gutes kann man darüber sagen, zumindest haben wir jetzt eine deutsche Umsetzung. Wirklich erfreut ist darüber hinaus niemand, denn EAA bleibt weit hinter seinem Vorbild, dem Americans with Disabilities Act zurück, der übrigens 30 Jahre alt geworden ist. Die USA hat also 1990 ein fortschrittlicheres Gesetz verabschiedet als Deutschland im Jahr 2021. Eine schöne Zusammenfassung des Gesetzes und seiner Defizite finden Sie im Echt-behindert-Podcast der Deutschen Welle. Deutschland hat seiner Wirtschaft mit diesem verwässerten Gesetz keinen Gefallen getan, wie Domingos in seinem Blogbeitrag zeigt.
Traditionell werden im Frühjahr auch die Neuheiten bei mobilen Betriebssystemen vorgestellt. Sowohl Android als auch iOS haben interessante neue Features zur Barrierefreiheit spendiert bekommen.

Interessante Beiträge

Das Hochschulforum Digitalisierung unterhält ein umfangreiches Dossier zur barrierefreien digitalen Hochschullehre. Soeben ist ein Artikel dazu erschienen, wie Materialien auf Barrierefreiheit geprüft werden können.
PRÜFVERFAHREN FÜR TECHNISCHE ASPEKTE INKLUSIVER DIGITALER BILDUNGSANGEBOTE
LibreOffice hat seine Unterstützung für barrierefreie PDF verbessert. So gibt es jetzt auch eine integrierte Prüf-Funktion für Barrierefreiheit. Aus diesem Anlass haben wir unsere Anleitung zu barrierefreien PDF mit LibreOffice aktualisiert.
Weiter gehts auf Englisch. Der Begriff neuro-divergent hat sich in Deutschland bisher nicht etabliert. Es geht um Personen mit Störungen bei der Informationsverarbeitung. Das gesamte Thema kognitive Störungen wurde bisher in den Richtlinien für Barrierefreiheit vernachlässigt. In einem Beitrag auf LinkedIn geht es darum, was für diese Gruppe besonders wichtig ist.
Cognitive UX Design Principles from a Neurodivergent Perspective
Unser Ansatz in unseren Schulungen ist zu zeigen, dass Barrierefreiheit keine „Extra-Wurst“ für behinderte Menschen ist. Oft sind unsere Barrieren zumindest ein Ärgernis für nicht-behinderte Personen. Gut zusammengefasst wurde das in einem Beitrag auf The A11y Collective.
“Blind people don’t visit my website.”
Gov.uk hat ein Accessibility Manual veröffentlicht. Das Manual ist Open Source und kann somit übernommen und angepasst werden. Große Institutionen kommen heute an so einem Barrierefreiheits-Leitfaden für alle Mitarbeitenden nicht vorbei.
Why we’ve created an accessibility manual – and how you can help shape it
Personalisierung spielt bei der Nutzung von Interfaces eine große Rolle. Insbesondere behinderte Menschen passen ihre Bedien-Oberflächen, aber auch ihre assistive Technologie stark an ihre Bedürfnisse und Vorlieben an. Reife Screenreader zum Beispiel haben Hunderte von Einstellungs-Möglichkeiten. Ein Artikel auf Medium fasst die Bedeutung dieser Anpassungen zusammen.
Personalization and Inclusive Design
Normalerweise bringen wir keine Hinweise auf kommerzielle Lösungen. Da die Szene aber arm an Innovationen ist, machen wir mal eine Ausnahme. Die Firma CommonLook hat einen interessanten Ansatz entwickelt, um hohe Volumen an automatisch generierten PDF barrierefrei zu machen. Es geht dabei um PDF, die automatisch aus Datenbanken generiert werden, etwa Schreiben an eine große Zahl an Personen, bei denen nur einzelne Daten angepasst werden. Der Ansatz basiert auf optimierten Vorlagen, also Templates.
AUTOMATED CREATION OF ACCESSIBLE DOCUMENTS
Für die Technik-Interessierten unter Ihnen: Das World Wide Web Consortium hat Anforderungen an barrierefreie Echt-Zeit-Kommunikation (Real Time Communikation = RTC) am Computer veröffentlicht. Also eine Checkliste für Zoom, Teams und Co.
RTC Accessibility User Requirements

Veranstaltungen

Im Juni haben wir nicht so viele Veranstaltungen entdeckt. Gerne empfehlen wir den Hackathon #CodeBarrierefrei sowie natürlich unser Meetup zur Barrierefreiheit, der trotz eines Feiertages am 3.6. stattfindet.
Veranstaltungen zu digitaler Barrierefreiheit

Tipp des Monats

Ab jetzt wollen wir jeden Monat – oder bis uns die Ideen ausgehen – ein einfaches Tool vorstellen, mit dem Sie Ihre Website auf Barrierefreiheit prüfen können. Wir fangen an mit einem kleinen Bookmarklet, dem Image Bookmarklet.
Bookmarklets sind kleine Programm-Schnipsel, die als Lesezeichen in den Browser eingebunden werden. Sie lohnen sich vor allem für Personen, die nicht regelmäßig testen, da sie in der Regel auf eine bestimmte Aufgabe spezialisiert sind.
Mit dem Images Bookmarklet können Sie die Bild-Beschreibungen einer Website auslesen. Fangen Sie am besten bei einer Website an, die Sie nicht betreuen, die Website des Konkurrenten bietet sich hier an.
Bookmarklets werden installiert, indem das Bookmarklet in die Lesezeichen eingefügt wird. Im Firefox reich es, wenn Sie das Bookmarklet rechts klicken und über das Menü als Lesezeichen hinzufügen. In den meisten anderen Browsern müssen Sie, falls nicht schon geschehen, zunächst die Lesezeichen-Leiste einblenden. Danach können Sie das Bookmarklet per Drag and Drop in die Lesezeichen ziehen.
Rufen Sie dann die Website auf, die Sie testen wollen. Anschließend rufen Sie das Bookmarklet auf. Jetzt sollten die Alternativtexte der Webseite angezeigt werden. Wird stattdessen wieder die Webseite zum Bookmarklet aufgerufen, haben Sie lediglich diese Seite gebookmarkt. Löschen Sie dieses Lesezeichen und versuchen Sie es erneut.
Zur Seite des Images Bookmarklet

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