IAAP DACH – behinderte Menschen nicht in vorderster Reihe

Rund zwei Monate ist es her, dass die IAAP für den deutsch-sprachigen Raum gestartet wurde. Leider bin ich von dem bisherigen Auftreten mäßig begeistert.

Verhunzter Auftakt

Schon die Auftakt-Veranstaltung über WebEx fand ich mäßig gelungen. Einige der Vortragenden konnte man wegen der schlechten Tonqualität und des ausgeprägten Dialekts kaum verstehen. Für Schwerhörige wie mich war das eine absolute Zumutung.
Was mich aber wirklich negativ überrascht hat war, dass da relativ wenige behinderte Menschen als Sprecher:Innen dabei waren. Mein Eindruck ist, dass in den vordersten Reihen der IAAP Dach Menschen ohne für die Barrierefreiheit relevante Behinderung sind: Die Leute von T-Systems oder Professor Zimmermann zum Beispiel. Das waren einige der Personen, die da präsent waren und als prominente Vorstände präsentiert wurden. Auf der Website der IAAP DACH ist nicht einsehbar, wer tatsächlich die IAAP DACH maßgeblich steuert. Wenn es da behinderte Menschen gibt, sind die gut versteckt. Dass der DVBS Startmitglied ist, tut da nichts zur Sache.

Barrierefreiheits-Event ohne Behinderte

Der negative Eindruck setzt sich aber fort, wenn man die Referent:Innen-Liste des Events vom 25.1. bis 29.1. durchschaut. Da treten die üblichen Verdächtigen aus dem BITV-Test-Club auf. Die Mehrheit ohne Behinderung, es wären noch weniger gewesen, wenn der Leiter der Überwachungsstelle nicht blind wäre. Möchte mir man ernsthaft sagen, man hätte keinen einzigen behinderte Menschen als Fachreferent:In oder zumindest Co-Referent:In gewinnen können? Ich stelle die Kompetenz dieser Leute nicht infrage, dazu kenne ich die Meisten nicht gut genug. Allerdings gibt es ähnlich kompetente behinderte Menschen, die man hätte inladen können.
Nun mag es sein, dass die große internationale IAAP ähnlich aufgestellt ist. Von den dortigen Personen ist mir tatsächlich niemand bekannt. Sollte dem so sein, muss ich leider auch das negativ werten.

Die 90er haben angerufen

Leute, ihr wisst schon, dass die 90er Jahre vorbei sind? Sprechen wir nicht seit 10 Jahren darüber, das nichts über uns ohne uns passieren soll? Und dann reden Leute über die Relevanz von Barrierefreiheit, auf die sie selbst nicht angewiesen sind. Selbst, wenn sie jeden Tag eine Stunde lang einen Screenreader nutzen oder drei Mal pro Stunde die Bildschirm-Lupe aktivieren, sprechen sie ganz anders darüber als Personen, die darauf täglich angewiesen sind. Für uns ist es keine Option, einfach mal das Ding ein- und auszuschalten. Warum wird Barrierefreiheit einmal mehr aus der Perspektive der Nicht-Behinderten abgehandelt?
Symbolisch sagt das aus: Nicht-Behinderte Menschen machen die Welt barrierefrei, ihr Behinderte dürft zuschauen.

Fazit

Da mir das immer unterstellt wird: Ich selbst habe kein Interesse, an der IAAP in vorderster Front teilzuhaben. Ich hielt und halte genug Vorträge und bin durchaus nicht sauer, dass ich da nicht dabei bin. Ich bin sogar der Meinung, dass mal Menschen mit anderen Behinderungen dran sind. In Anglo Amerika würde man von under-represented groups sprechen: Gehörlose, kognitiv Behinderte, Menschen mit Lernbehinderung und so weiter.
Ich entschuldige mich für den schafen Ton, aber wir reden so lange darüber, dass mir endgültig die Geduld mit diesen Leuten ausgegangen ist. Manchmal hilft es ja auch, einmal Klartext zu sprechen. Eine ähnliche Kritik habe ich am BITV-Prüfverbund geäußert.
Nachtrag: Nach einem knappen halben Jahr muss man feststellen, dass der IAAP DACH ebenso lernresistent ist wie der BITV-Prüfverbund. Transparenz und Beteiligung von Behinderten steht nicht im Vordergrund, vielmehr habe ich den Eindruck von Geklüngel untereinander. Ich werde meine Mitgliedschaft im IAAP deshalb zum Ende des Jahres ausfallen lassen.
Interessant auch, dass die globale IAAP ähnliche Probleme zu haben scheint.

Ein Gedanke zu „IAAP DACH – behinderte Menschen nicht in vorderster Reihe“

  1. Klingt etwas verbissen :innen und :außen.
    Ja Tonqualität war unterschiedlich und mies. Vielleicht kann man sich aber auch freuen, dass endlich was passiert – auch ohne offensichtlich Behinderte. Vielleicht haben 3 davon ja 50GDB. Am Ende waren es auch die gesunden Bauarbeiter, die die Rampe für den Rollstuhlfahrer gebaut haben, nicht der Bilnde mit dem appen Fuß.

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