Behinderte als Problemlöser

10.000 Stunden, so viel Zeit sollte jemand mit einer Aufgabe verbracht haben, um als Experte zu gelten. Das meint Autor Malcolm Gladwell in seinem Buch „Überflieger“. Wenn es darum geht, sind behinderte Menschen die idealen Angestellten. Sie verbringen einen Großteil ihres Lebens mit der Entwicklung der so oft gefragten Soft Skills. Behinderte Menschen sind mit kaum etwas anderem beschäftigt als Probleme zu lösen, die ihnen durch die Umwelt oder durch ihre Mitmenschen aufgedrängt werden.

Viele entwickeln dabei Kompetenzen, die auch in Unternehmen gefragt sind. Dazu gehört Geschick bei der Planung: Wie komme ich mit meinem Elektro-Rollstuhl von Frankfurt/Main nach Burscheid im Rheinland? Gar nicht, würden viele sagen. Doch der Behinderte mach daraus eine logistische Meisterleistung, bei der verschiedene Transportwege, Uhrzeiten und Menschen koordiniert werden müssen. Er muss improvisieren, wenn etwas schief läuft. Dazu braucht er ein dickes Fell und Streßtoleranz.

Der behinderte Mensch braucht Geduld, aber auch Kommunikationsgeschick, um zum Beispiel Hilfe zu organisieren, wenn er sie benötigt. Oft sind Behinderte selbst Arbeitgeber für mehrere Helfer, wenn sie zum Beispiel rund um die Uhr Unterstützung benötigen. Dabei müssen sie lernen, Konflikte mit den Assistenten zu lösen, die sich gelegentlich nicht als Arbeitnehmer, sondern als Helfer oder Freunde mißverstehen.

Behinderte brauchen Durchaltevermögen, um sich gegen übereifrige Helfer und unfreundliche Zeitgenossen durchzusetzen. So kann es einem Blinden passieren, dass er gepackt und über die Straße geschleift wird, obwohl er ganz wo anders hinwollte.

Deshalb müssen Behinderte auch Humor haben, denn es gibt keine kuriose Frage, die ihnen noch nicht gestellt wurde. Kann ein Blinder sich allein anziehen oder ohne Begleitung auf die Toilette gehen?

Wenn Sie das nächste Mal einen Angestellten suchen, versuchen Sie es doch einmal mit einem Menschen mit Behinderung.