Brauchen Bilder in der Leichte Sprache einen Alternativtext für Blinde

Da mich die Frage jetzt einige Male erreicht hat, möchte ich ausführlich darauf eingehen: Brauchen die Begleit-Bilder in Leichter Sprache einen Alternativtext? Die kurze Antwort lautet Nein. Die lange Antwort folgt.

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Der Zweck alternativer Beschreibungen

Alternativtexte sollen den Bild-Inhalt Personen erklären, die das Bild an sich nicht wahrnehmen, das sind Blinde Personen, die einen Screenreader verwenden. Die Beschreibung soll dem Blinden vermitteln, was auf dem Bild zu sehen ist.
Dienen die Bilder rein dekorativen Zwecken, also der Ästhetik und liefern sie keine eigene Information, können sie als dekorativ ausgezeichnet werden und sind damit für den Blinden nicht vorhanden. Tragen die Bilder selbst Information, sollen sie mit einer Beschreibung ausgestattet werden. Genau genommen sind die meisten Bilder, die in Magazinen verwendet werden auch dekorativ, sie tragen keine Information. Es hat sich aber eingebürgert, ihnen einen Alternativtext zu verpassen, da sie sich im Inhalts-Bereich der Webseite befinden.

Der Zweck der Bilder in der Leichten Sprache

Die Bilder in Leichter sprache dienen dazu, eine Information doppelt zu kodieren: Im Idealfall liefert ein Abschnitt in Leichter Sprache und das zugeordnete Bild die gleiche Aussage. Das soll die Chance erhöhen, dass der Leser den Text-Inhalt versteht.
Die Bilder tragen also selbst Information, müssen also nach gängiger Praxis einen Alternativtext bekommen.

Redundante Information ohne Mehrwert

Eine Information bildlich zu kodieren macht bei einer Person ohne Sehrest tatsächlich keinen Sinn. Der Blinde profitiert also nicht direkt von den Bildern.
In Leichte-Sprache-Texten ist die Information im Bild im besten Fall redundant mit dem Text-Abschnitt. Das heißtk, eine Bildbeschreibung wäre sehr wahrscheinlich auch redundant mit dem vorstehenden Text. Da die Information für den Blinden 2-fach textlich kodiert wäre, bringt ihm also eine Text-Beschreibung keinen Vorteil. Würde der Alternativtext andere Informationen enthalten als im Bild dargestellt, wäre das ein Verstoß gegen die Konventionen und nicht im Sinne des Erfinders.

Die Textlänge erhöht sich

Die Länge des Textes ist für die Text-Verständlichkeit entscheidend. Gerade für Leser der Blindenschrift kann sich die Textmenge negativ auswirken, da das Lesen eher anstrengend werden kann, je mehr Text und je mehr unterschiedliche Textstrukturen vorhanden sind. Aber auch für Nutzer der Sprachausgabe erhöht sich die Textmenge. Das ist insgesamt nicht wahnsinnig viel, da Alternativtexte für Leichte-Sprache-Bilder in der Regel kurz sind, es ist aber durchaus signifikant.
Der erhöhten Menge an Text steht aber kein Mehr an Informationen Gegenüber, wie ich vorhin schon gezeigt habe: Die Information im Alternativtext wäre nicht nur redundant, sondern gänzlich überflüssig.
Auch kann eine Bild-Beschreibung mitten im Text den Leser aus dem Lesefluss reißen. Für erfahrene blinde Leser spielt das keine große Rolle, für Wenig-Leser aber durchaus. Denken Sie daran, dass ein konventioneller Text vielleicht drei Bilder enthält, ein Leichter-Sprache-Text aber je nach Länge zehn oder mehr Bilder.

Geht dem Blinden Information verloren?

Bei blind geborenen Personen kann man in der Regel davon ausgehen, dass sie es gewöhnt sind, Informationen auditiv bzw. über Blindenschrift aufzunehmen. Sie sind also häufig besser in der Lage, Informationen aus Leichte-Sprache-Texten zu entnehmen als Sehende in der gleichen Lebenslage, einfach weil sie es nicht anders kennen. Dies könnte den Nacteil, dass sie nicht die Bilder als ergänzende Information haben zumindest ein wenig ausgleichen.

Sehbehinderte könnten profitieren

Eine Gruppe, die tatsächlich von Bild-Beschreibungen profitieren könnte sind sehbehinderte Personen, die Leichte Sprache benötigen. Sie arbeiten allerdings in der Regel nicht mit Screenreadern, dadurch sind ihnen die Alternativtexte nicht zugänglich, auch nicht durch die berühmt-berüchtigten Vorlese-_Funktionen wie ReadSpeaker und Co.
Der HTML-Titel wäre hier eine gute Alternative. Allerdings verwendet ihn kaum ein Redakteur. Auch von den Nutzern wird er kaum wahrgenommen. Er erfordert, dass man mit dem Maus-Cursor auf das Bild aktiv drauf geht. Das tut kaum jemand: Zunächst einmal wird eine Maus benötigt, am Smartphone funktioniert es also nicht. Dann muss man wissen, dass ein Bild-Titel vorhanden ist und last not least ist es für Sehbehinderte eher anstrengend, den Maus-Cusor zu positionieren. Für dieses Problem gibt es leider noch keine Lösung.

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