Bei deutschen Bahn-Unternehmen muss es fanatische Freund:Innen von Treppenstufen geben. Ansonsten wäre kaum erklärlich, warum es allem Anschein nach nicht möglich ist, stufenfreie Züge einzukaufen. Stufen sind ein unüberwindbares Hindernis für Rollstuhlfahrer:Innen und Nutzer:innen von Rollatoren. Sie sind aber auch ein Risiko für alle aussteigenden Personen, für Nutzende von Kinderwagen oder für Leute mit schwerem Gepäck oder Fahrrädern. Möglicherweise möchte man solche Kund:Innen aber auch gar nicht haben. Über die virtuellen Stufen, die viele dieser Unternehmen auf ihren Webseiten einbauen, wollen wir gar nicht erst sprechen, das ist ein unendliches Trauerspiel.
Wenn Sie sich zur Barrierefreiheit austauschen möchten, möchte ich Sie auf unser virtuelles Meetup zur Barrierefreiheit hinweisen. Es findet jeweils am 1. Donnerstag im Monat von 18 bis 20 Uhr statt. Über den Newsletter zum Meetup erhalten Sie den Zoom-Link und einen regelmäßigen Reminder.
Im September gab es meiner Wahrnehmung nach kein zentrales Thema zur Barrierefreiheit, also legen wir gleich mit den interessanten Beiträgen los.
Interessante Beiträge
Wenig überraschend erfüllen nur wenige Angebote öffentlicher Stellen die Anforderungen zur Barrierefreiheit. Die Überwachungsstelle Sachsen hat ihre Ergebnisse vorgelegt. Nur die Hälfte der geprüften Websites erfüllten die Anforderungen, nur jede zehnte Seite hat die seit letztem Jahr vorgeschriebene Erklärung zur Barrierefreiheit.
Digitale Barrierefreiheit: Webseiten öffentlicher Stellen erfüllen gesetzliche Vorgaben nur zur Hälfte
Die Lebenshilfe Berlin hat untersucht, auf welche Probleme Menschen mit einer Lernbehinderung im Internet stoßen. Das sind vor allem eine unverständliche Sprache und die hohe technische Komplexität der Web-Angebote. Den Bericht gibt es als PDF.
Befragungsergebnisse Digitale Teilhabe liegen vor
Im Portal Reha-Recht ist ein ausführlicher Beitrag zum European Accesssibility Act erschienen. Eifrige Mitlesende des Newsletters wissen, dass die deutsche Umsetzung Barrierefreiheits-Stärkungs-Gesetz heißt und wenig ambitioniert ist. Hintergründe gibt es in diesem ersten Teil einer Artikelserie.
Vom European Accessibility Act zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – Teil I: Hintergrund und Anwendungsbereich des EAA und des BFSG
Weiter gehts auf Englisch. Barrierefreiheit hat nicht nur in Deutschland ein Image-Problem. Sie gilt als verstaubt und langweilig. Wie man das ändern kann, zeigt ein Beitrag bei UX Design.
Creating a positive culture around accessibility
Erst das Produkt, irgendwann über Barrierefreiheit nachdenken – der falsche Ansatz für Startups. Techcrunch gibt Tipps, wie Barrierefreiheit von Anfang an berücksichtigt werden kann.
Make accessibility part of your startup’s products and culture from day one
Möchten Sie Barrierefreiheit in Ihrer Organisation mit möglichst geringen Ressourcen umsetzen? Tipps und Tricks finden Sie in einer Sammlung vom Business Disability Forum.
Best Practice Guide – Tips and Tricks for Accessibility Practitioners
Barrierefreiheit muss geschaffen werden. Hand in Hand mit den Maßnahmen muss aber auch ein Bewusstsein für deren Bedeutung aufgebaut werden. Tipps und verschiedene Leitfäden dazu gibt es bei PEAT.
Disability Inclusion Basics
Wie so vieles kommt auch das Thema kognitive Behinderungen in Deutschland wenig vor. Auf der Website Ab11y werden Gestaltungs-Prinzipien dargestellt, die – nicht nur – dieser Gruppe zugute kommen.
UX Principles that include Cognitive Accessibility
Veranstaltungen
Im Oktober gibt es keine große interessante Veranstaltung zur Barrierefreiheit. Veranstaltungen finden Sie in der Liste.
Und natürlich wie immer der Hinweis auf unsere offenen Online-Schulungen.
Tool des Monats
Ein Werkzeug, das ich immer wieder gerne empfehle ist das Language Tool. Es handelt sich um eine kostenlose Stil-Prüfung, unter anderem gibt es einen Regelsatz für Leichte Sprache. Inzwischen gibt es die Erweiterung auch für gängige Text-Verarbeitungen und Browser. Sie können das Tool auch kostenlos online ausprobieren.
Language Tool für Leichte Sprache
Zitat des Monats
Den wenigsten nicht-behinderten Menschen ist bewusst, dass das Leben mit Behinderung extrem kostspielig ist. Hierzu gibt es eine Studie aus den USA, in Deutschland dürfte es dank eines besser ausgebauten Sozialsystems ein wenig besser aussehen. Allerdings gibt es meines Wissens keine systematische Daten-Erhebung zur sozio-ökonomischen Lebens-Situation behinderter Menschen. Wenn jemand Hinweise dazu hat, freue ich mich über eine Nachricht.
Researchers estimate that households containing an adult with a work-disability require, on average, 28 percent more income (or an additional $17,690 a year for a household at the median income level) to obtain the same standard of living as a comparable household without a member with a disability.
Quelle: National Disability Institute. THE EXTRA COSTS OF LIVING WITH A DISABILITY IN THE U.S.
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