Das Barrierefreiheitsstärkungs-Gesetz BFSG fordert unter anderem, dass Texte im Nutzungskontext verständlich sein sollen. Das bezieht sich auf die Texte, die mit dem Inhalt zu tun haben, die im Kontext des BFSG barrierefrei sein müssen. Muss ein Onlineshop barrierefrei sein, müssen auch die zugehörigen Informationen wie etwa AGB barrierefrei sein, nicht aber Texte, die nicht unmittelbar mit dem Abschluss eines Verbrauchervertrages zu tun haben. Das wäre meine Interpretation. Ob man das immer sauber trennen kann, ist eine andere Frage.
Aktuell ist gar kein Maßstab außer dem Nutzungskontext vorgegeben. Dadurch stellt sich vielen Akteuren aktuell die Frage, ob sie überhaupt etwas tun müssen. Gute Frage, nächste Frage.
Banken: Höchstens B2
Eine Ausnahme ist allerdings der Bankensektor. Deren Texte müssen verständlich sein und sollen das Niveau B2 des Europäischen Referenzrahmens für Sprachen nicht überschreiten , siehe § 17 BFSGV Zusätzliche Anforderungen an Bankdienstleistungen für Verbraucher.
(2)Es muss gewährleistet werden, dass die Informationen zur Funktionsweise der Bankdienstleistung für Verbraucher verständlich sind, ohne dass ihr Schwierigkeitsgrad das Sprachniveau B2 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen des Europarats überschreitet.
Ich schlage dafür den Lesbarkeitsindex (LIX) vor.
Vorteile von LIX
LIX ist ein sogenannter Lesbarkeits-Index, der Verständlichkeit auf Basis statistischer Methoden misst. Bei LIX sind das vor allem die Anzahl langer Wörter und langer Sätze.
LIX kann kostenlos und ohne Speicherung der Texte auf diesem Server hier gemessen werden.
Lix hat die folgenden Schwierigkeitsgrade:
- Sehr niedrig >25
- Niedrig (>35)
- Mittel >45
- Hoch >55
- Sehr hoch >65
Übersetzt in den Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen) für Sprachen heißt das in etwa:
- B1 (>20)
- B2 (>40)
- C1 (>50)
- C2 (>60)
Um verständlich nach B2 zu sein, sollte ein Text einen Wert zwischen 40 und 50 haben.
Einige allgemeine Kommentare zu Lesbarkeits-Indizes
Verständlichkeit ist mehr als Statistik. Auch ein exzellenter LIX-Wert bedeutet nicht, dass ein Text gut verständlich ist. Es gibt jedoch keine eindeutigen Hinweise darauf, welche Kennzahl für das Barrierefreiheitsstärkungs-Gesetz zur Messung der Komplexität eines Textes verwendet werden sollte. Der LIX ist einer von vielen Lesbarkeitsindizes und wurde ausgewählt, weil er in Deutschland weithin akzeptiert und verwendet wird. Es könnte aber ebenso der Flesch-Index oder ein anderer Index sein.
Die Lesbarkeit kann nur bei längeren Texten gemessen werden. Es ist nicht sinnvoll, sie für kürzere Texte wie Formularbeschriftungen oder Überschriften zu messen. Texte wie Formular-Labels oder Überschriften werden im Rahmen der WCAG-Kriterien daraufhin überprüft, ob sie im Verwendungs-Kontext sinnvoll und verständlich sind, siehe 2.4.6: Headings and Labels .
Warum ein rein statistisches Modell benutzen?
Die Antwort ist sehr einfach: Es gibt keinen Index, der Sprach-Verständlichkeit auf qualitativer Ebene misst. Man kann den Text in einfache Sprache umwandeln, das macht ihn sicher verständlicher. Allerdings macht das innerhalb des LIX-Index vermutlich keinen so großen Unterschied. Auch in der einfachen Sprache dürfen Sätze lang sein und komplexe Wörter enthalten.
Statistische Indizes haben den Vorteil, dass sie leicht messbar und ihre Veränderung gut überprüfbar und mit anderen Texten vergleichbar ist. Qualitative Analysen haben immer das Problem, dass sie subjektiv und eine Verbesserung nicht unmittelbar überprüfbar und vergleichbar ist.