Archiv der Kategorie: Barrierefreiheit

Welche Tools zur Online-Kommunikation und Online-Zusammenarbeit sind barrierefrei?

Man winkt in KameraSchon seit Ewigkeiten wollte ich eine Liste barrierefreier Tools zur Online-Kommunikation zusammenstellen. Der Corona-Virus ist der Anlass, das zu forcieren. Ich möchte diese Liste dynamisch fortführen.
Ich bitte um Verständnis, dass ich hier in erster Linie die Position der Blinden und Tastaturnutzer einnehmen kann. Sollten Sie andere Tools kennen oder mit einem Tool schlechte Erfahrungen bei der Barrierefreiheit gemacht haben, teilen Sie mir das gerne per Mail oder Kommentar mit. Leider fehlen mir auch die Zeit und die Ressourcen, sämtliche Tools persönlich zu testen. Fehlt hier also ein Tool, ist das prinzipiell keine negative Aussage über dessen Barrierefreiheit. Gerne können Sie Ihre eigenen Erfahrungen ergänzen.
Leider lässt sich auch keine plattform-übergreifende Aussage treffen: Weil etwas auf Windows funktioniert, muss es nicht auf dem Mac funktionieren. Im Allgemeinen sind iPhone-Apps für Blinde zugänglicher als ihre Pendants auf Android, aber auch das gilt nicht immer. Native Apps sind in der Regel barrierefreier als Browser-Apps, aber auch nicht immer. Für Gehörlose mit Gebärdensprache können andere Tools besser sein als für Hörende oder gemischte Gruppen.
Allgemein werden die Tools hier aus der Perspektive der Nutzer:Innen betrachtet. Für Moderator:Innen stellen sich andere, komplexere Anforderungen, die hier aber nicht betrachtet werden. Generell würde ich jedem, der Einschränkungen bei der Computer-Nutzung hat davon abraten, die Moderatorenrolle ohne Assistenz zu übernehmen.
Tipp: Wenn Ihr Tool hier nicht genannt wird, prüfen Sie in der Suchmaschine Ihres Vertrauens, ob der Anbieter sich zu dessen Barrierefreiheit auf Deutsch oder Englisch äußert. Ist das nicht der Fall, hat der Anbieter sehr wahrscheinlich das Thema gar nicht auf dem Schirm und Sie sollten einen Griff dran schrauben um es in die nächste Ecke werfen zu können.
An dieser Stelle gehe ich nur auf Tools ein. Tipps zu einer barrierefreien Online-Kommunikation finden Sie hier. Auch einen Leitfaden zu barrierefreien Online-Veranstaltungen habe ich veröffentlicht.
Vorneweg: Die beste Lösung, was Datenschutz und Barrierefreiheit angeht ist bisher BigBlueButton. Die zweitbeste, weil datenschutz-rechtlich schwierige Lösung ist Zoom. Von den großen kommerziellen Lösungen Adobe Connect, GoToMeeting und WebEx konnte keine bezüglich der Barrierefreiheit überzeugen.

Skype

Skype ist der Klassiker der Team-Kommunikation. Das Tool ist unter Windows uneingeschränkt per Tastatur und als blinde Person nutzbar.
Leider ist die Sprachqualität eher mittelmäßig. Außerdem kommt es gerne zu Verzögerungen bei der Bild-Übertragung, wodurch Sprache und Bild nicht immer synchron sind.

Microsoft Teams

Microsoft Teams soll Skype for Business ersetzen und hat ähnliche Funktionen wie Skype. Es ist in der Business-Version von Microsoft Office 365 integriert.
Teams ist prinzipiell mit Screenreader und Tastatur nutzbar, ich finde es aber recht komplex und eigenwillig.

iMessage und Facetime

iMessage und FaceTime Audio bzw. Facetime Video sind ebenfalls gut nutzbar, allerdings nur auf Apple-Geräten verfügbar. Arbeitet die gesamte Gruppe mit Apple-Geräten, sollte das kein Problem sein.

WhatsApp

WhatsApp ist auf Android und iOS generell gut nutzbar. Das gilt auch für Audio- und Video-Calls. Hier können außerdem Sprach- und Video-Nachrichten ausgetauscht werden, das erleichtert eine asynchrone Kommunikation. Außerdem sind Gruppen-Anrufe möglich, sofern die Anzurufenden in Ihren Kontakten stehen.

Telegram

Telegram ist sowohl auf iOS als auch auf Android barrierefrei nutzbar. Leider gibt es in der aktuellen Version keine Gruppen-Anrufe. Allerdings kann Telegram auch anonym, also ohne Sammeln von Telefonnummern verwendet werden. Sie können einen Kanal anlegen, über den Sie Informationen verbreiten können, Interessenten müssen lediglich den Kanal abonnieren.
Auch Telegram erlaubt das Versenden von Sprach- und Video-Beiträgen.

Facebook-Messenger

Der Facebook-Messenger ist mäßig barrierefrei. Vor allem ist er auch auf aktuellen Geräten relativ träge. Zudem ist zu beachten, dass bei Facebook immer wieder einmal schwerwiegende Probleme auftreten, welche die Barrierefreiheit einschränken.
Auch Facebook erlaubt das Chatten in Gruppen, sowie das Versenden von Audio- und Video-Nachrichten.

Slack

Slack habe ich bisher nicht selbst verwendet, es soll aber barrierefrei sein. Slack ist hauptsächlich ein text-basiertes Kommunikations-Medium.

Google Messages

Google Messages ist sozusagen das Android-Gegenstück zu iMessages und Facetime auf iOS. Es können Text-Chats, Anrufe und Video-Calls durchgeführt werden, auch Gruppen-Calls sind möglich.
Das ist natürlich nur sinnvoll, wenn alle Teilnehmenden Android-Geräte haben.

BigBlueButton

BigBlueButton ist eine Open Source-Lösung. Die Anwendung ist funktioniert uneingeschränkt.

Zoom

Zoom ist sowohl auf dem Desktop als auch in den nativen Apps auf dem Smartphone gut bedienbar und daher uneingeschränkt empfehlenswert.

Twitch und TeamSpeak

Twitch und TeamSpeak sind mir ebenfalls empfohlen worden, von TeamSpeak weiß ich, dass es viel von Blinden verwendet wird.

Barrierefreiheit von Adobe Connect

Adobe Connect ist leider absolut nicht barrierefrei auf dem Desktop. Sowohl die Bedienbarkeit für Blinde, die Tastaturbedienbarkeit als auch der Kontrast der Bedien-Oberfläche sind mangelhaft.

Barrierefreiheit von GoToMeeting

GoToMeeting und seine Ableger sind auf einem Windows-Desktop leider nicht barrierefrei, die Fenster lassen sich nicht auslesen, Dialogfelder nicht bedienen, das Programm lässt sich mit Screenreader nicht bedienen. Leider muss ich von GoToMeeting abraten, was die Barrierefreiheit angeht.

ClickMeeting ist nicht barrierefrei

ClickMeeting ist aktuell (August 2022) nicht barrierefrei. Getestet wurde die Desktop App unter Windows 10. Der Screenreader NVDA hat absolut keine der Bedien-Elemente für Mikrofon, Kamera, Bildschirm teilen und so weiter ausgelesen. Es ist also weder für blinde Teilnehmende noch Refereirende nutzbar.

Weiterführende Infos

Demografischer Wandel und Barrierefreiheit – der Megatrend wird verpasst


image-3863″ />Seit vielen Jahrzehnten ist klar, dass die Alterung der Bevölkerung voran schreitet. Doch ist weder der Staat noch die Privat-Wirtschaft darauf eingestellt. Dieses Problem wird uns sehr bald auf die Füße fallen, wie ich in diesem Beitrag zeigen möchte.
Es hat schon etwas Fatalistisches: Einerseits wissen wir, dass die Alterung stattfindet und mit welchen Problemen ältere Menschen zu kämpfen haben. Andererseits schlafen wir munter weiter und bereiten uns nicht darauf vor, obwohl wir die Zeit und die Ressourcen dazu hätten.

Die Folgen des Alters

Natürlich ist das Alter an sich kein einheitliches Phänomen, deswegen lässt sich auch nicht exakt angeben, welche Person in welchem Alter von welcher Einschränkung betroffen sein wird. Die Folgen sind von vielen weiteren Faktoren wie Prävention, Gesundheits-Versorgung, Lebensstil, finanzieller Situation und so weiter abhängig.
Außerdem hat sich das Alter deutlich verändert: Eine heute 60-jährige Person ist im Schnitt vermutlich gesünder als es ihre Altersgenoss:Innen vor 20, 40 oder 60 Jahren waren.
Doch sind einige Faktoren klar: Ich kenne keine Person, deren Sinnes-Wahrnehmung, Beweglichkeit, Reaktions-Fähigkeit oder kognitive Verarbeitung im Alter besser geworden ist. Mit regelmäßigem Training und Kompensations-Strategien lässt sich viel erreichen. Aber früher oder später kommt ein Punkt, an dem es unweigerlich schwieriger wird.
Fatalerweise könnte dieser Punkt für uns Büro-Menschen, spöttisch homo büronicus genannt, früher kommen als für die Körperarbeiter. Man muss die Akkord-Arbeit in der Fabrik, die Maloche in den Zechen oder die Schufterei auf dem Bau nicht verherrlichen. Doch auch Büroarbeiter sind mit Haltungsschäden durch eine ungesunde Körperhaltung konfrontiert. Das ständige Starren auf nahe Objekte wie Bildschirme und Smartphones und die damit verbundene ungesunde Körperhaltung wird nicht ohne Folge bleiben.

Herausforderungen des Alltags

Treppen sind für Rollstuhlfahrer natürlich unüberwindbar, aber auch für Rollator-Nutzer. Sie sind aber auch für Menschen mit leichten Gang-Unsicherheiten oder Schwindel-Anfällen gefährlich. Für einen älteren Menschen kann ein Sturz lebensgefährlich sein, er kann aber auch durchaus dazu führen, dass die Person durch Knochenbrüche immobil wird. Schon die Angst davor kann verhindern, dass die Betroffenen eine Treppe nehmen. Wer aber keine Treppe nehmen möchte, muss oft große Umwege auf sich nehmen. Wenn man ohnehin ein langsamer Verkehrsteilnehmer ist, kostet das also zusätzlich noch mehr Zeit. Man denke in dem Zusammenhang auch an die vielen geländerlosen Treppen, die es etwa auf Wanderwegen gibt.
In diesem Zusammenhang ist leider auch das Trauerspiel Deutsche Bahn zu sehen, die meisten Konkurrenten scheinen im Nahverkehr auch nicht besser zu sein. Außer beim Fahrradabteil ist es stets notwendig, Treppen zu steigen und einen größeren Abstand zwischen Zug und Gleis zu überwinden. Die Mobilitätshilfe der Deutschen Bahn kann man unter der Kategorie „Gut gemeint“ abheften: Kein Nicht-Behinderter würde sich sagen lassen, er müsse 24 Stunden vorher Bescheid sagen, welchen Zug er nutzen wolle, solle 20 Minuten vorher sich am Reisezentrum einfinden und gefälligst dann fahren, wenn das Personal Dienst hat. Ein weiteres Thema sind die häufig lange Zeit defekten Fahrstühle. An den kleineren Bahnhöfen auch in den Großstädten gibt es häufig gar keine Hilfen oder Aufzüge.
Das sind Artefakte, könnte man sagen: Überbleibsel aus der Vergangenheit. Schließlich fahren Züge sehr lange Zeit. Das ist leider falsch: Noch heute werden Züge mit Stufen eingekauft und zu wenig Rollstuhlplätzen/WC’s eingekauft, die wahrscheinlich in zehn Jahren immer noch fahren werden.
Eine Herausforderung wird das auch für die Gastronomie in den Altstädten: Während die Restaurants selbst oft ebenerdig sind, befinden sich die Toiletten häufig im Kellergeschoss, welches über eine gewundene Treppe erreichbar ist. Und das gilt leider auch für viele andere Freizeit-Einrichtungen.
Auch die Arbeitsplätze befinden sich häufig in Altbauten. Sie barrierefrei umzugestalten ist zumindest schwierig. Ein Treppenlift lässt sich vielleicht noch einbauen. Aber um eine rollstuhl-gerechte Toilette einzubauen, muss häufig der Zuschnitt der Räume geändert werden.
Selbiges gilt leider auch für Arztpraxen. Mit Ausnahme eines meiner Ärzte befinden sich alle in Altbauten mit teils mehreren Treppen. Es muss nicht extra erwähnt werden, dass man im Alter öfter zum Arzt muss.

Es fehlen barrierefreie Wohnungen

Am schwerwiegendsten dürfte das Problem der barrierefreien Wohnungen sein. Schon heute sind barrierefreie Wohnungen für Rollstuhlfahrer kaum zu bekommen. Wie wird es sein, wenn immer mehr Menschen einen Rollator benötigen oder generell Probleme mit Treppen haben werden?
Viele Wohnhäuser haben keine Rampe am Eingang, keinen Aufzug im Haus und sind so geschnitten, dass sie mit Rollator kaum nutzbar sind. Ein Rollator-Nutzer braucht weniger Wenderaum als ein Rollstuhlfahrer, doch auch er wird in einem WC Probleme bekommen, das so groß wie eine Telefonzelle ist.
Zwar sind moderne Wohnhäuser häufig mit Aufzug ausgestattet. Doch hat die öffentliche Hand den Wohnungsbau weitgehend eingestellt und Privat-Investoren scheinen ebenfalls eher am Ausschlachten der mietenblase als am Neubau interessiert. Es ist ein schönes Beispiel für das Total-Versagen des Marktes und des Kapitalismus.

Un-universelles Design

Mit der Ausnahme von Computern und Smartphones hat das universelle Design im Technik-Bereich nicht nur stagniert, sondern Rückschritte gemacht. Immer mehr Geräte sind serienmäßig mit Touchscreens ausgestattet, die für Blinde nicht und für Sehbehinderte schwer zugänglich sind. Ältere Menschen müssen sich vorbeugen, um diese Displays lesen und bedienen zu können. Ich trauere wirklich der Zeit hinterher, als man solche Geräte ohne Hinsehen und volle Aufmerksamkeit bedienen konnte. Apps und Alexa sind leider keine Lösung, nicht jeder will für eine Ladung Wäsche oder einen Kaffee das Smartphone bemühen oder seine Gewohnheiten Google und Co. frei Haus liefern.
Gefühlt sprechen wir heute mehr denn je über barrierefreies und universelles Design. Gefühlt ist aber außerhalb des digitalen Bereiches – und auch hier wird mehr geredet als getan – wenig passiert. Das ist auch daran erkennbar, dass Barrierefreiheit auf Mainstream-Veranstaltungen wenn überhaupt ein Nischenthema ist, öfter aber gar nicht vorkommt.
Das Problem, vor allem die Knappheit an barrierefreiem Wohnraum, Verkehrsmitteln, Arztpraxen und Arbeitsplätzen ist fast ähnlich groß wie die Frage des Klimawandels. Und ähnlich ungelöst.

Das Versagen unserer Regierungen

Es bleibt ein Rätsel, warum sämtliche Bundesregierungen und die EU mit dem European Accessibility Act viele praktische Probleme wie das Thema Haushaltsgeräte außer Acht gelassen haben. Man überlege einmal, wo wir heute mit einer ernst zu nehmenden Version des Americans with Disabilities Act wären.
Nach wie vor lobbieren große Teile der Wirtschaft gegen härtere Gesetze zur Barrierefreiheit und verbauen sich damit selber die Zukunft. Leider gehören auch sämtliche Bundesregierungen der Letzten Jahrzehnte zu den Bremsern der Barrierefreiheit in der EU. 16 Jahre Merkel-Regierung waren 16 Jahre Stillstand. Rot-Grün hat wenig getan und Rot-Grün-Gelb zeigt bisher keine großen Ambitionen.
Demographic change and the lack in Accessibility

Warum Barrierefreiheit für Nonprofits wichtig ist

Ich vergleiche Barrierefreiheit gerne mit dem Umweltschutz – beide sind ähnlich wichtige Themen, auch wenn der Umwelt- und besonders der Klimaschutz heute viel mehr diskutiert werden. Die kleinste NGO leistet sich einen Nachhaltigkeitsbericht, einen Barrierefreiheits-Bericht habe ich noch nicht gesichtet.
In diesem Beitrag möchte ich zeigen, warum Barrierefreiheit für Nonprofit-Organisationen wichtig ist. Das ist ein Beitrag zur NPO-Blogparade Digital Development Goals<7/a> von So geht digital. Nebenbei ein großes Lob, dass sie das Thema Barrierefreiheit so prominent und gleich mehrfach im verlinkten Beitrag erwähnen, das ist leider selten.

Barrierefreiheit ist heute ein Muss und kein Kann

Öfter werde ich gefragt, warum die Stimmung bezüglich Barrierefreiheit gekippt ist: Vor 10-15 Jahren haben wir noch freundlich darauf hingewiesen, dass etwas nicht barrierefrei ist, heute fordern wir das ein. Das liegt daran, dass die Wünsche sich verändert haben. Wir erwarten, dass eine Website barrierefrei ist, ansonsten ist in unseren Augen der Service nicht erfüllt. Ist eine Website nicht barrierefrei, heißt das so viel wie „Du bist uns als Kunde nicht wichtig“.
Gerade bei Nonprofits, die Hilfen für Menschen in sozial schwierigen Situationen anbieten, erwarten wir Barrierefreiheit. Denn es gibt große Schnittmengen zwischen solchen Menschen und behinderten Menschen.
Am meisten wundert es mich, wenn ein Spendenprozess nicht barrierefrei gestaltet wurde. Ich werde dann natürlich nicht für diese, sondern für eine andere Organisation spenden.
Neben der Website sind weitere Kommunikationskanäle wichtig: Instagram, Facebook und Twitter bieten heute gute Möglichkeiten, Inhalte für viele Menschen zugänglich zu machen: Es können etwa Untertitel für Videos oder Bildbeschreibungen eingefügt werden.
Und auch intern kann viel gemacht werden: Das richtige Redaktionssystem – es heißt nicht TYPO3 – erleichtert die Bereitstellung barrierefreier Webseiten und Inhalte. Digitale Tools zur Zusammenarbeit können so ausgewählt werden, dass sie auch behinderten Menschen zugänglich sind, so dass sie problemlos in einem Team mitarbeiten können.

Barrierefreiheit ist eine strategische Säule

Barrierefreiheit ist Teil einer nachhaltigen Unternehmensführung. Das gilt natürlich für das Thema Inklusion, welches jede Organisation heute auf dem Schirm haben sollte.
Es gilt aber auch für andere Bereiche: Unternehmerische Verantwortung, Diversity, die ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze. In allen diesen Bereichen spielt Barrierefreiheit eine wichtige Rolle. Selbst in der Nachhaltigkeit ist Barrierefreiheit wichtig: Ist ein Schreibtisch zum Beispiel von vorneherein anpassbar, muss er für einen körperbehinderten Menschen nicht neu angeschafft werden.

Wird Barrierefreiheit Pflicht?

Nonprofit-Organisationen sind fast immer Vereine oder Stiftungen. Sie werden von den aktuellen Gesetzen zur Barrierefreiheit nicht erfasst. Doch führen mehrere Wege nach Rom und es kann durchaus sein, dass sich NGOs bald um das Thema kümmern müssen.
Das gilt zumindest, wenn sie öffentliche Fördermittel erhalten. Der Staat ist durch das Behinderten-Gleichstellungsgesetz und die Behinderten-Rechts-Konvention dazu angehalten, Inklusion und Barrierefreiheit nicht nur im eigenen Bereich umzusetzen. Auch Fördermittel werden immer stärker daran gekoppelt, dass Aspekte der Inklusion und Barrierefreiheit im jeweiligen Projekt umgesetzt werden. Eine NGO, die in diesem Bereich schon Erfahrungen gesammelt hat, wird die Barrierefreiheit auch in geförderten Projekten leichter umsetzen können. Umgekehrt steigen die Chancen auf eine Förderung, wenn das Projekt von vorneherein barrierefrei ausgelegt wird.

Fazit

Barrierefreiheit wird im digitalen und analogen Bereich eine zunehmend wichtigere Anforderung an NGOs. Hier wirkt es sich positiv aus, dass es keine Geheim-Wissenschaft ist und man in vielen Bereichen keine Experten mehr braucht. Ein kleines Webprojekt lässt sich zum Beispiel ohne große Mühen mit WordPress umsetzen. Joomla, Contao und Drupal sind für größere Webseiten gut geeignet. Es gibt kostenlose Leitfäden und Checklisten für barrierefreie Veranstaltungen und auch einige Fördermöglichkeiten.
Wie die Nachhaltigkeit auch ist die Barrierefreiheit ein allmählicher Prozess. Es geht erst mal darum, überhaupt anzufangen und sich nach und nach zu steigern.
Inclusive Design: Bring Web Accessibility to Your Nonprofit“>Inclusive Design: Bring Web Accessibility to Your Nonprofit

Curb Cut – von Behinderten inspirierte Erfindungen und Innovationen


Eine ganze Reihe von Erfindungen oder Entwicklungen wurden durch Behinderte inspiriert oder durch sie vorweggenommen. Dafür gibt es sogar einen Begriff – Curb-Cut effect.
In diesem Beitrag möchte ich einige davon darstellen.
Man muss hierbei natürlich immer vorsichtig sein: Kaum eine größere Entwicklung erfolgte durch einen einzigen Impuls oder eine Einzelperson. Die meisten Erfindungen wären zu einem anderen Zeitpunkt von einer anderen Person zu einem anderen Anlass auch entstanden. Und teils mag es sich auch um urband legends handeln, von denen nicht mehr nachzuprüfen ist, ob sie tatsächlich so passiert sind.

Telefon

Alexander Graham Bell gilt als der Erfinder des Telefons. Sein Weg zu dieser Entwicklung führte über seine schwerhörige Mutter. Offenbar inspirierte sie ihn zu der Idee, Töne in elektrische Impulse zu verwandeln und über distanzen zu übertragen.
Neben Bells zweifellosen Verdiensten in der Wissenschaft hat er nebenbei bemerkt eine nicht ganz rühmliche Rolle für die Verbreitung der Gebärdensprache gespielt. Das ist aber ein anderes Thema.

SMS (Short Message Service)

Für die jungen Leser: SMS ist WhatsApp in teuer. Der Finne Matti Makonen entwickelte in den 90ern SMS unter anderem, damit Gehörlose untereinander und mit Hörenden kommunizieren konnten, wohl nichtsahnend, dass sie fast genau sowichtig werden würde wie das eigentliche Telefonieren.

Internet und E-Mail

Schwerhörige und Gehörlose haben auch für das Internet und E-Mail eine wichtige Rolle gespielt.
Der heute 75-jährige Vinton Cerf war bei der Entwicklung der ersten Internet- und E-Mail-Protokolle aktiv beteiligt. Er selbst ist schwerhörig. Das Internet und E-Mail ermöglichten eine nicht-verbale Kommunikation mit anderen Personen, was ihn sicherlich mitmotiviert hat, am Internet mitzuwirken. Unter anderem wollte er mit seiner gehörlosen Frau via E-Mail kommunizieren können.

Hörbücher

Hörbücher waren für uns Blinde schon vor 20 Jahren ein alter Hut. Heute gehören sie zu einem wichtigen Segment des Buchmarktes.
1931 starteten die American Foundation for the Blind und die Library of Congress das erste Hörbuch-Programm für Blinde. Lustigerweise spricht man nicht von audiobook, sondern von talking book.
Heute gibt es ca. 60.000 deutschsprachige Hörbücher speziell für Blinde, über 100.000 kommerzielle deutsche Hörbücher und wer weiß wie viele englische Hörbücher.

Schreibmaschine

Die Schreibmaschine prägt unseren Alltag bis heute. Das PC-Keyboard auf dem Schreibtisch und die Tastatur auf dem Smartpohne – beide sind von der Schreibmaschine inspiriert, was die Anordnung der Buchstaben angeht. Und wie solls anders sein, hinter ihrer Erfindung steht eine Liebesaffäre.
1808 entwickelte der Italiener Pellegrino Turri die erste funktionsfähige Schreibmaschine. Seine Geliebte, die erblindete Gräfin Carolina Fantoni da Fivizzono sollte ihm selbständig Liebesbriefe schreiben können. Einer dieser Briefe ist bis heute erhalten geblieben, was man wohl nicht von all zu vielen Liebesbriefen sagen kann.

Videotext

Auch nicht totzukriegen ist der Videotext. Der Videotext oder Teletext wurde 1974 von Mitarbeitern der BBC entwickelt. Sie suchten nach einer Möglichkeit, zu- und abschaltbare Untertitel für Gehörlose und Schwerhörige auf dem Fernseher anzuzeigen. Schnell kam heraus, dass nicht nur Untertitel, sondern ganze Seiten mit Text übermittelt werden konnten.

Sprachausgaben

Sprachausgaben sind dank Alexa, Siri und telefonischen Dialogsystemen aus dem Alltag kaum wegzudenken. Blinde Menschen arbeiten aber schon seit Jahrzehnten mit ihnen.
1986 entwickelte der Amerikaner Jim Thatcher für seinen blinden Freund Dr. Jesse Wright ein System, das den Computer für ihn zugänglich machen sollte, den IBM Screenreader. Bis heute sind Screenreader die Software, die von Blinden bei der Techniknutzung verwendet werden. Sie geben Inhalte als Sprache oder Blindenschrift aus.
Viele Leute beschweren sich über den synthetischen Klang der gängigen Programme. Wer sich aber genauer damit beschäftigt, wird feststellen, dass die synthetischen Stimmen den natürlich klingenden Stimmen teils überlegen sind. Der für Sehende interessante Faktor ist die Prosodie oder Stimm-Melodie, heißt, die Betonung bestimmter Silben, wodurch ein Satz natürlich klingt. Wer sich die typischen Bahnansagen anhört oder einen Text durch ReadSpeaker vorlesen lässt, merkt sofort, was ich meine. Die Wörter werden zusammenhanglos vorgelesen und die Pausen zwischen den Wörtern klingen unmotiviert, dadurch klingt die Sprache schnell unnatürlich.
Wie funktioniert die Sprachausgabe von Blinden
Warum klingt die Sprachausgabe von Blinden so schnell

Spracheingaben

Auch die automatische Spracherkennung ist fast schon ein Alter Hut. Sie wird von vielen Behinderten seit langem eingesetzt, um ihren Computer zu steuern und längere Texte zu diktieren.
Siri und andere Systeme haben diesen Prozess lediglich vereinfacht: Bei den klassischen Systemen wie bei Dragon Natural Speaking müssen Befehlssätze auswendig gelernt und die Systeme trainiert werden. Siri und Co. übertragen die Daten ins Internet und werden meines Wissens nicht auf eine individuelle Stimme hin trainiert. Deshalb haben die meisten virtuellen Assistenten auch Probleme mit Dialekten und werden mit der Zeit für das Individuum auch nicht besser. Und ohne Internet-Verbindung sind sie in der Regel nicht brauchbar, ganz zu schweigen davon, dass sich nicht das gesamte Gerät mit ihnen steuern lässt.

3D-Druck

Selber machen mit 3D-Druck, Phräsen und weiteren Hilfsmitteln gibt es doch erst seit ein paar Jahren außerhalb spezialisierter Produktionsbereiche oder? Keineswegs.
In Blindenschulen spielen Tastmodelle schon seit Jahrzehnten eine wichtige Rolle. Sie werden etwa in der Physik, der Chemie oder Biologie eingesetzt. Hier werden zum Beispiel Tastmodelle für atome oder auch Organe verwendet. Natürlich hat der 3D-Druck auch hier vielles vereinfacht und günstiger gemacht. Doch möglich ist es schon seit langem. Nebenbei: Viele engagierte Lehrer der 80er und 90er Jahre haben sich in diesem Bereich sehr engagiert und teils in ihrer Freizeit Hilfsmittel gebastelt, um ihren Schülern einen besseren Unterricht zu ermöglichen.

Texte schneller schreiben

Stephen Hawking verlor durch seine Krankheit AMS nach und nach seine physische Fähigkeiten und vor allem die Fähigkeit zu Sprechen. Walter Woltosz, Geschäftsführer von Words Plus, hatte ein System für seine Stiefmutter entwickelt, welches ihr die Kommunikation ermöglichen sollte. Sie hatte ALS wie Hawking. Dieses System wurde für Hawking angepasst und weiter entwickelt.
Hawking benutzte eine Mischung aus Unterstützter Kommunikation – so würde man es heute nennen – und Sprachsynthesizer. Er konnte Wörter aus einer Liste von Begriffen auswählen, diese zu Sätzen zusammenfassen und sie über seine Sprachausgabe ausgeben lassen.
Eine ähnliche Technologie benutzen heute viele auf dem Smartphone: Die Auto-Ergänzung, die häufig Mist schreibt, aber auch die Wortvorschläge, die das Tippen auf dem Smartphone erheblich beschleunigen.
Hawking und seine Erkrankung haben viele Menschen zu Entwicklungen inspiriert, die natürlich in erster Linie Hawking selbst, dann aber auch Menschen in ähnlichen Situationen helfen sollten.

Der Multi-Touchscreen

Touchscreens gab es schon länger. Das erste Touchscreen, das auch Gesten verstand wurde von Wayne Westerman und John Elias entwickelt. Es richtete sich an Menschen, deren Bewegungsfähigkeit durch Erkrankungen wie dem Mausarm eingeschränkt war. Die Firma der beiden Herren wurde schließlich von Apple gekauft und drei Mal dürft ihr raten, welches Produkt Apple damit ausgestattet hat.

Augen- und berührungsfreie Technologien

Mit Augen- und berührungsfreie Technologien sind Bedienkonzepte gemeint, die ohne Display und ohne haptischen Kontakt auskommen. Input und Output erfolgen zumeist als Sprache. Nützlich sind solche Technologien etwa bei Autos, aber haben durch die Alexa-Lautsprecher eine weite Verbreitung gefunden.
Da Blinde ein Display nicht benutzen können, sind sie darauf angewiesen, dass ihnen Informationen in sprachlicher Form oder als Braille ausgegeben werden. Andere Behinderte können ein Display wegen motorischer Behinderungen nicht bedienen und verwenden deshalb andere Eingabemethoden wie Sprache. Von diesen Gruppen könnten die Interface-Gestalter einiges lernen.

Prothetik und plastische Chirurgie

Zwar hat die plastische und Schönheitschirurgie eine längere Geschichte. Einen echten Aufschwung erfuhr sie aber nach dem Ersten Weltkrieg.
Viele Soldaten und Zivilisten büßten Teile des Körpers ein oder hatten großflächige Verbrennungen erlitten. Die Chirurgie wurde verwendet, um ihnen zu helfen. In dieser Zeit entwickelte sich auch die Prothetik, um Körperteile zu ersetzen.
Man vergisst gerne, dass der Übergang von Schönheitschirurgie mit ihren teils zweifelhaften Eingriffen zur plastischen Chirurgie oft fließend ist. Die Spina Birifida etwa – der offene Rücken – kann heute teils schon während der Schwangerschaft oder unmittelbar nach der Geburt dank der plastischen Chirurgie behandelt werden.

Haus-Automatisierung

Seit 20 Jahren soll sie bald ihren endgültigen Durchbruch feiern: Heizungen, die aus der Ferne gesteuert werden, Rolläden, die mit der Stimme gesteuert werden können, Warnsysteme bei einem vergessenen Topf auf dem Herd. Aus verschiedenen Gründen haben sich diese Systeme bisher nicht auf breiter Fläche durchgesetzt.
Behinderte Menschen verfügen schon seit längerem über solche Systeme. Sie sind vor allem für Querschnittsgelähmte interessant, die vom Hals abwärts gelähmt sind. Sie können außer dem Kopf nichts bewegen und sind ohne solche Systeme praktisch dauerhaft auf Hilfe angewiesen. Viele Systeme wurden und werden komplett über die Stimme und einen Zentralcomputer gesteuert. Im Prinzip erlauben sie das, was die Haus-Automatisierung auch ermöglichen soll und das schon seit den 90er Jahren.
Leider muss man sagen, dass diese Systeme vor allem Menschen zur Verfügung stehen, die das nötige Großgeld haben – und das sind nicht so viele Betroffene. Wer sein Haus automatisieren möchte, findet heute günstigere Lösungen, sie kann jedoch nach wie vor einen fünfstelligen Betrag kosten. Alexa und Co. sind zwar in gewissen Situationen nützlich, doch für eine großflächige Automatisierung benötigt man deutlich mehr und teurere Systeme und Umbaumaßnahmen.

Emojis

Emojis sind aus der Alltagskommunikation kaum noch wegzudenken. Doch spielen Symbole in der Kommunikation schon wesentlich länger eine wichtige Rolle. Es gibt Menschen, die wegen einer Behinderung nicht verbal oder per Gebärdensprache kommunizieren können. Sie setzen Methoden der Unterstützten Kommunikation ein. Ein Zweig dieser Kommunikation beschäftigt sich dabei mit der symbol-basierten Kommunikation. Der Betroffene verwendet einzelne Symbole oder verbindet mehrere Symbole, um mit anderen Personen zu kommunizieren. Die Symbole werden dann häufig als Sprache von einem speziellen Hilfsmittel oder mobilen Device ausgegeben. Von diesen Symbolen bzw. Symbolsystemen finden wir viele bei den Emojis wieder.

Dark Mode

Der Dark Mode ist für Sehbehinderte und Programmierer ein alter Hut. Die sogenannte Bildschirm-Lupe erlaubt bereits seit Jahrzehnten, die Farben des Bildschirms umzukehren. Nur blöd, dass sich auch die Farben von Grafiken umkehren, so dass nur noch mit Training zu erkennen ist, was darauf abgebildet ist. Abhilfe verschaffen spezielle Einstellungen des ildschirms, die ebenfalls spätestens seit Windows XP mit dem Hochkontrast-Modus möglich sind. Dabei werden nur die Farben des Betriebssystems umgekehrt, die Bilder bleiben verschont.
Auch Programmierer setzen seit langem auf einen dunklen Hintergrund, das ist noch zu erkennen an Kommandozeilen-Tools wie der PowerShell in Windows.

Und es geht weiter

Die Inspirationsquelle ist noch lange nicht versiegt. So gibt es Versuche mit Bewegungs- und Augensteuerung, Gehirn-Computer-Schnittstellen und weiteren Eingabemethoden. Sie werden von behinderten Menschen teils schon Jahre oder Jahrzehnte eingesetzt, können aber auch für Nicht-Behinderte interessant sein. Schon die Gaming-Industrie verlangt immer neue Möglichkeiten der Interaktion mit Computerspielen.
The Curb Cut effect – how non disabled profit from inventions for the disabled

Alternativen zur Audio Deskription

MikrofonIch muss zugeben, so richtig überzeugt hat mich die AudioDeskription (AD) – die Filmbeschreibung für Blinde aus dem Off – bisher nicht. Für mich ist es, als ob jemand einen Witz erzählt und mir im gleichen Atemzug die Pointe erklärt. Durch eine kleine Diskussion auf Facebook bin ich zu diesem Beitrag angeregt worden.
Für mich ist das Fernsehen das Medium der 90er. Seit meiner Mittelstufe habe ich immer weniger ferngesehen, das war bis Mitte der 90er. Damals gab es so gut wie keine Sendungen mit AD, zumal bei den amerikanischen Sendungen, die wir damals bevorzugt geschaut haben. Einen Fernseher besitze ich seit vielen Jahren nicht mehr, die Serien auf Netflix interessieren mich nicht. Die wenigen Sendungen, die mich interessiere, lasse ich über einen Online-Service aufzeichnen und höre sie mir dann übers Handy an. Meine Medien sind das Internet und Hörbücher.
Von dem her bin ich nicht uptodate, was die neueste Fernsehtechnik und Fernseh-Ästhetik angeht. Und Blinden, die von Kindesbeinen an mit der AudioDeskription aufgewachsen sind, mag es leichter fallen, sie zu akzeptieren.

Die AudioDeskription ist ein Fremdkörper

Nach meinem Empfinden ist die AD ein Fremdkörper im Film. Normalerweise werden die stillen Teile des Films durch stimmungsvolle Musik untermalt. Musik wirkt sehr unterbewusst und dennoch suggestiv. Durch die AD wird diese Stimmung ein Stück weit unterbrochen. Kommunikationstheoretisch würde man sagen, die Kommunikation wird durch Meta-Kommunikation unterbrochen. Oder plastischer: Stellt euch vor, euer Partner würde sich bei einem romantischem Zusammensein über die Farbe der Kerze und die Qualität des Kerzenwachses auslassen.
Ein Problem besteht auch darin, dass die AD niemals alle blinden Zuschauer befriedigen kann: Entweder berichtet sie zu viel und ist teilweise überflüssig. Oder sie berichtet zu wenig, so dass man auch ganz ohne sie auskäme. Im Prinzip enthält jede Szene tausende von Informationen, die der Sehende auf einen Blick aufnimmt. Die AD kann naturgemäß nur einen Bruchteil davon vermitteln.
Und meines Erachtens kann sie eine Stimmung nicht so rüberbringen wie der eigentliche Film. Aktuell gilt, dass die AD-Stimme monoton wie ein Nachrichtensprecher sein soll. Das ist durchaus generell sinnvoll, aber eine neutrale Stimme kann nur schlecht Emotionen auslösen. Da wäre es besser, die Musik wirken zu lassen.
Konzeptionell wäre es in jedem Fall geschickter, die AD bereits bei der Erstellung des Filmes mit einzu planen. Die Regisseure, Drehbuchautoren oder wer auch immer sollten die nicht-visuelle Ebene von Anfang an stärker gewichten und die Produktion der AD sollte im Film-Team geschehen, dann würden sich einige Probleme von selbst erledigen.

Die AudioDeskription als Teil des Filmes

Und natürlich geht es auch anders. Eine Möglichkeit ist, dass der Moderator in einer Sendung bzw. die Off-Stimme die Aufgabe der Beschreibung übernimmt. Sie kann natürlich nicht so viele Informationen liefern wie eine ausgewachsene AD. Doch ein guter Texter kann genügend Informationen mitgeben, so dass auch der blinde Zuschauer etwas mehr Futter bekommt.
In Filmen kann diese Aufgabe ein Ich-Erzähler übernehmen. Wir kennen das aus Serien wie Magnum, Scrubs oder Malcolm mittendrin. Dort empfindet niemand die Einwürfe als störend, weil sie einfach Teil des Films sind.

Ein Hybrid aus Hörspiel und Film

Und natürlich kennt jeder den Film, der ohne Bild auskommt – das Hörspiel. Ein gutes Hörspiel – davon gibt es nicht so viele – setzt für jede Message das richtige Medium ein: Stimme, Musik, Geräusche, Stille.
Bei unseren sündhaft teuren Hollywood-Blockbustern werden aber diese Faktoren nur wenig eingesetzt: Es kommen natürlich neben dem Visuellen die Stimmen und die Musik zum Einsatz. Aber Geräusche werden im Vergleich zum Hörspiel sehr sparsam eingesetzt. Wie wäre es also, die Geräuschemacher in Filmen stärker zur Geltung kommen zu lassen? Dadurch könnte man wesentlich mehr Informationen transportieren, ohne dass jemand reinquatschen muss.
Nebenbei hätte das Ganze den Vorteil, dass die AD auch von Sehbehinderten – die auch profitieren würden – stärker akzeptiert würden. Entweder wissen sie gar nicht, dass es sie gibt. Oder sie lehnen sie ab, weil sie sie nervig finden.

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