Usability für Blinde

Webdesigner und Entwickler sind sich nicht sicher, was bei der barrierefreien Gestaltung besonders wichtig ist. Eine Umfrage der Organisation WebAIM bietet einige Antworten, wir haben die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.

Zum Hintergrund

WebAiM (Web Accessibility in Mind) ist eine amerikanische Organisation, die sich für das barrierefreie Internet engagiert. Sie führt etwa alle zwei Jahre eine Umfrage unter Blinden Internetnutzern durch. Anfang März erschienen die Ergebnisse des fünften Surveys, der im Januar 2014 durchgeführt wurde.
Die Ergebnisse sind vor allem für Webentwickler interessant, da sie unter anderem zeigen, wie Blinde Webseiten benutzen und wo sie die meisten Schwächen sehen.

Die Umfrage

Da die Umfrage auf Englisch durchgeführt wurde, nehmen vor allem Blinde aus dem angloamerikanischen Sprachraum teil. Die Ergebnisse sollten aber auf Länder mit vergleichbarer technischer Ausstattung wie Deutschland übertragbar sein.
Im ersten Teil der Umfrage geht es darum, welche Technik die Befragten nutzen. Diese Fragen sind vor allem für Menschen interessant, die Websites testen oder auch Usability-Tests mit Menschen mit Behinderung durchführen.
Ein Großteil der befragten Nutzer verwendet Windows. Der bevorzugte Browser unter Blinden ist der Internet Explorer. Er wird von rund 59 Prozent verwendet, auf dem zweiten Platz ist der Firefox mit rund 24 Prozent Nutzern.
Jaws bleibt der beliebteste Screenreader, verliert aber zugunsten kostenloser Programme wie NVDA und VoiceOver. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Marktanteil von Window Eyes entwickelt, nachdem er für Besitzer neuerer Officepakete kostenlos wird. Den Windows-8-eigenen Screenreader Narrator scheint niemand zu verwenden.
Die meisten Blinden gehen über einen PC oder Laptop ins Internet, aber immerhin rund 71 % verwenden ihr Smartphone. Auch für diese Gruppe wird die mobile Nutzung immer wichtiger.

Barrieren im Internet

Eine Mehrheit der Befragten meint, dass sich die Barrierefreiheit im vergangenen Jahr verbessert habe oder sie zumindest gleich geblieben sei. Immerhin ein Fünftel (21,8 Prozent) sagt aber auch, dass sich die Barrierefreiheit im letzten Jahr verschlechtert habe.
Für die Befragten liegt die Verantwortung dabei ganz klar bei den Webentwicklern und -Designern. So meinen 81,3 %, dass die Barrierefreiheit von Websites einen höheren Einfluss auf ihre Nutzbarkeit hat als die eingesetzte Hilfstechnik.
Rund zwei Drittel der Befragten nutzen Zwischenüberschriften, um sich durch die Website zu bewegen oder Informationen zu finden. Die Zwischenüberschriften spielen also eine große Rolle und sollten nicht unterschätzt werden.
Ich war ein wenig überrascht, dass die Suchen-Funktion eine große Rolle bei der Navigation durch die Website spielt. Screenreader können mit einer eigenen Suchenfunktion beliebigen Text auf dem Bildschirm finden, natürlich nur, wenn er nicht in irgendwelchen Grafiken versteckt ist. Viele Blinde verwenden diese Funktion, um bestimmte Inhalte zu finden.
Die sogenannten ARIA-Landmarks oder Orientierungspunkte werden von rund 44 % der Nutzer verwendet, um sich durch die Website zu bewegen. Allerdings wächst ihre Bedeutung, deswegen sollten Webentwickler sie in ihre Webseiten integrieren.

Fazit

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass die Nutzer immer anspruchsvoller werden, je höher ihre Fähigkeiten und ihre technische Ausstattung werden. Sie sehen die Hauptverantwortung bei den Webentwicklern.
Noch gehen rund 40 Prozent der Befragten davon aus, dass Websites aufgrund mangelnden Bewusstseins der Verantwortlichen nicht barrierefrei sind. Das muss aber nicht immer so bleiben.