Abkürzungen und Begriffe – Glossar für barrierefreie PDF und Webseiten

Wer sich mit Barrierefreiheit beschäftigt, kommt an den Fachtermini nicht vorbei. Es wimmelt von Fachbegriffen und Abkürzungen. Das Glossar soll Ihnen helfen, wichtige Begriffe kennenzulernen. Da Sie häufig mit englischen Texten zu tun haben werden, haben wir, wo nötig den deutschen und den englischen Begriff genannt.
Die Web Accessibility Initiative stellt ein englisch-sprachiges, wesentlich ausführlicheres Glossar auf der Webseite WAI Glossary zur Verfügung.

Inhalt

A11y

A11Y ist die Kurzform von Accessibility. Es steht für den Anfangs- und den Endbuchstaben sowie die 11 Zeichen dazwischen und wird Ally gesprochen, da die 1 ähnlich wie das kleine l aussieht. Ally ist zugleich eine wichtige Endsilbe im Englischen und wird deshalb gerne für Wortspiele benutzt.

Accessible Name/Zugänglicher Name/barrierefreier Name

Der Accessible Name ist die für assistive Technologien zugängliche Bezeichnung eines Objekts.
Technisch gesehen muss die visuelle Beschriftung zum Beispiel von einem Eingabefeld in einem Formular nicht mit der maschinenlesbaren Beschriftung des Elements übereinstimmen. Nutzer von Sprachsteuerungen arbeiten aber mit der visuellen Beschriftung. Der Sprachbefehl „Gehe zum Eingabefeld Vorname“ würde nicht funktionieren, wenn das Eingabefeld im maschinenlesbaren Namen „surname“ heißt.
Deshalb wird empfohlen, dass der maschinenlesbare Name mit der visuellen Beschriftung identisch ist. Für die Ermittlung des accessible name gibt es eine eigene Spezifikation.

Accessibility Tree

Der Accessibility Tree gibt die Informationen einer Webseite so aus, wie sie von einer assistiven Technologie empfangen werden würde. Er kann in den Browsern Firefox, Opera, Chrome sowie in der aktuellsten Edge-Version mit integrierten Tools für Web-Entwickler abgerufen werden und ist somit für einen schnellen Check gut geeignet.

Alternativtext

Der Alternativtext ist ein Attribut, um Bilder für Blinde zu beschreiben. Er wird von assistiven Technologien ausgegeben, ist aber in der Regel nicht visuell sichtbar.

Americans with Disabilities Act/ADA

Der Americans with Disabilities Act (ADA) schreibt US-amerikanischen Organisationen und Unternehmen vor, dass sie in weiten Teilen barrierefrei sein müssen. Viele Klagen gegen amerikanische Unternehmen wegen mangelnder Barrierefreiheit der Webseiten basieren auf dem ADA.
Der ADA ist zu unterscheiden von der Section 508, die für amerikanische Bundesbehörden digitale Barrierefreiheit vorschreibt.
Der ADA erwähnt nicht ausdrücklich digitale Barrierefreiheit, da er aus den frühen 90ern stammt. Es ist umstritten, ob digitale Barrierefreiheit durch den ADA impliziert ist.

API /Barrierefreiheits-Schnittstelle

Eine Schnittstelle (englisch Application-Programming-Interface oder API) ist in unserem Zusammenhang ein Standard, nach dem bestimmte Informationen zwischen Programmen ausgetauscht werden können. Die Barrierefreiheits-Schnittstelle etwa beschreibt, wie Informationen einer grafischen Benutzeroberfläche bereitgestellt werden müssen, damit sie von assistiven Technologien verarbeitet werden können.
Jedes Mainstream-Betriebssystem stellt solch eine API bereit. In Windows hieß sie früher Microsoft Accessibility API, heute heißt sie UI Automation. Alle Anbieter von Mainstream-Betriebssystemen, also Microsoft, Google, Apple und Linux stellen ausführliche Informationen zur Accessibility API ihrer Systeme bereit.

Accessible Rich Internet Application (ARIA) oder WAI ARIA

ARIA oder WAI ARIA ist eine Erweiterung der Web-Sprache HTML. Es gab vor allem in früheren Versionen von HTML große Schwächen bei den Möglichkeiten der Barrierefreiheit und der Semantik. Diese sollten durch ARIA behoben werden.
ARIA erweitert ein HTML-Element um semantische Eigenschaften. So kann ein nicht-semantisches Element die Rolle „Navigation“ bekommen. Die Hilfstechnologie erkennt dann den Inhalt dieses Containers als Navigation. Weitere Eigenschaften sind etwa Live-Regionen, in denen sich Inhalte dynamisch ändern können. Dynamische Änderungen können von assistiven Technologien nur erfasst werden, wenn sie barrierefrei implementiert wurden. Auch für Formulare kann die Semantik durch ARIA erweitert werden. Last not least kann durch ARIA der Status eines Elements wie „aktiviert“, „nicht aktiviert“, „erweitert“ und so weiter festgelegt werden, so dass auch Blinde ihn erfassen können.
Mittlerweile werden viele Eigenschaften von ARIA durch HTML5 abgedeckt. Es gilt als Konsens, dass ARIA nur dort eingesetzt werden soll, wo HTML5 nicht ausreicht. Eine Doppelung von Informationen von ARIA und anderen Quellen wie HTML5 soll vermieden werden.
ARIA und seine Anwendung wird im WAI-Dokument ARIA Authoring Practices beschrieben.
Weitere Infos zu ARIA

Artefakt/Artifact

Der Begriff Artefakte wird in unserem Zusammenhang nur beim Thema PDF verwendet. Er besagt, dass Elemente, die nicht inhalts-tragend sind in den Hintergrund gelegt werden. Diese Inhalte sind zwar visuell sichtbar, sollen aber vor assistiven Technologien wie Screenreadern, Vorlese-Tools oder speziellen Lese-Programmen verborgen bleiben. Auch auf Webseiten gibt es die Möglichkeit, Inahtlte vor assistiven Technologien zu verstecken, dafür gibt es aber keinen eigenen Begriff.

Assistierende/Assistive Technologien (AT)/Hilfs-Technologien

Assistive Technologien oder Hilfstechnologien sind Programme oder Geräte, welche behinderten Menschen den Zugang zu Webseiten und Computern ermöglichen.
Andere Begriffe sind Hilfsmittel, Eingabehilfen oder Bedienungshilfen.
Grundsätzlich können in den verbreiteten Betriebssystemen sowie in den Browsern selbst weitere Funktionen verwendet werden, welche die Bedienung erleichtern. Unter anderem können Farben und Kontraste, Schriftarten und Schriftgrößen und einige weitere Faktoren verändert werden. Diese Hilfen werden nicht als assistive Technologien bezeichnet.
Außerdem verfügen alle gängigen Betriebssysteme auf PC und Smartphone über integrierte assistive Technologien wie Vorlese-Funktionen, Bildschirm-Vergrößerung und weitere Hilfen. Man spricht auch von dedizierten assistiven Technologien, wenn diese Hilfsmittel speziell für behinderte Menschen gedacht sind.
Assistive Technologien können sowohl Software als auch Hardware sein. Neben den in Betriebssystemen integrierten Hilfen gibt es zahlreiche weitere Programme, die teils sehr kostspielig sind. Bekannte Programme sind Screen Reader, Screen Magnifier, Sprachsteuerungen und vieles mehr.

ATAG – Authoring Tool Accessibility Guidelines

Die Authoring Tool Accessibility Guidelines sind Richtlinien für Systeme für die barrierefreie Erstellung von Inhalten. Sie bieten etwa Vorgaben für Redaktionssysteme, mit denen barrierefreie Inhalte erstellt werden können.

Audiodeskription

Die Audiodeskription (AD) ist eine Beschreibung von Filmen für blinde und sehbehinderte Personen. Sie wird in den Teilen des Filmes eingebaut, in welchen nicht gesprochen wird.

Barriere-Armut, Barrierefreiheit im Internet, barrierefreies Internet, barrierefreie Webseiten

Der Begriff Barrierefreiheit umfasst im Allgemeinen die Zugänglichkeit für behinderte Menschen.
Um die Aussage Barrierefreiheit zu spezifizieren, spricht man im Allgemeinen nicht von barrierefreien Webseiten, sondern von Übereinstimmung oder Erfüllung (Konformität/Conformance) mit den Barrierefreiheits-Richtlinien. Die Übereinstimmung mit Richtlinien ist prinzipiell überprüfbar. Die Aussage, die Website X sei barrierefrei ist in diesem allgemeinen Sinne nicht sinnvoll, da der Begriff Barrierefreiheit unscharf und seine Erfüllung nicht überprüfbar ist.

Barrierefreie Informationstechnik Verordnung (BITV)

Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) regelt die Web-Barrierefreiheit öffentlicher Stellen in Deutschland. Sie basierte mit einigen Änderungen bis 2019 auf den Web Content Accessibility Guidelines. Im Rahmen der EU-Richtlinie 2102 und der Norm EN 301 549 – V2.1.2 gilt die WCAG 2.1 als Basis der Web-Barrierefreiheit in Deutschland. Die aktuelle BITV 2.0 2019 enthält selbst keine Richtlinien zur Web-Barrierefreiheit mehr, sondern verweist auf die EN 301 549 – V2.1.2, die wiederum auf die WCAG 2.1 AA verweist.
Prinzipiell gilt die BITV nur für Bundes-Einrichtungen. Die Länder können eigene Gesetze erlassen. In der Regel orientieren sie sich an der BITV. Der Mindes-Maßtab wird durch die WCAG AA gesetzt, die Länder dürfen nicht darunter bleiben, können aber darüber hinaus gehen.

Braillezeile/Braille Display

Eine Braillezeile oder Braille Display ist ein Gerät, welches Informationen des Screenreaders dynamisch als Blindenschrift ausgeben kann. Dabei kann sie prinzipiell die gleichen Informationen wie eine Sprachausgabe ausgeben. Das heißt, neben normalem Text gibt sie auch Strukturinformationen wie HTML-Überschriften aus.
Braillezeilen geben in der Regel 40 oder 80 Zeichen aus. Sie zählen zu den assistiven Technologien.

Cascading Style Sheets (CSS)

Die Cascading Stylesheets sind eine Design-Sprache. Sie regeln, wie eine Webseite visuell aussieht. Im Zusammenhang mit der Barrierefreiheit spielen sie eine wichtige Rolle: Sie regeln etwa Schriftart, Schriftfarbe, Kontrast, Tastatur- und Maus-Fokus oder die visuelle Anordnung von Elementen.

DAISY

Das Akronym DAISY steht für Digital Accessible Information System. Es handelt sich um einen Standard vor allem für Hörbücher. DAISY soll Hörbücher ähnlich navigierbar machen wie gedruckte Bücher, DAISY-Werke mit einer Navigation über ein Inhaltsverzeichnis, mit Überschriften, Seitenzahlen oder Sätzen und Absätzen ausgestattet. Dabei ist DAISY ähnlich wie ePub oder HTML ein XML-basiertes Format. DAISY ist eng verwandt mit SMIL.

Deutsche Gebärdensprache (DGS)

Die Deutsche Gebärdensprache ist die Muttersprache von gehörlos geborenen Menschen in Deutschland. Auf Webseiten werden Inhalte in Gebärdensprache als Video bereit gestellt. Wie in der Verbalsprache auch gibt es eigene Gebärdensprachen in anderen Ländern sowie regionale Dialekte.

Dynamik

Dynamik bedeutet, dass sich eine Webseite verändert, ohne dass sie vollständig neu geladen wird. Dazu gehören etwa ausklappende Navigationen, Such-Vorschläge in Such-Eingabefeldern und Ähnliches. Dynamik wird in der Regel mit JavaScript/AJAX umgesetzt.
Dynamik kann dazu führen, dass eine Webseite durch assistive Technologien nicht oder teilweise nicht benutzbar ist. Die geänderten Informationen werden nicht an die assistive Technologie weitergegeben.

Erfolgskriterien/Success Criteria

Die Erfolgskriterien oder success criteria sind ein Begriff aus der WCAG. Sie beschreiben die konkreten Anforderungen an barrierefreie Webseiten. In Deutschland spricht man in diesem Zusammenhang eher von Barrierefreiheits-Anforderungen, gemeint sind aber stets die Success Criteria aus der WCAG.
Die BITV 2.0 2011 sprach von Bedingungen statt von Erfolgskriterien.

EU) 2018/1523 – Durchführungsbeschluss

Durchführungs-Beschluss EU) 2018/1523 der Kommission vom 11. Oktober 2018 zur Festlegung einer Mustererklärung zur Barrierefreiheit gemäß der Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen

EU) 2018/1524 – Durchführungsbeschluss

Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1524 der Kommission vom 11. Oktober 2018 zur Festlegung einer Überwachungsmethodik und der Modalitäten für die Berichterstattung der Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen

EU) 2018/2048 – Durchführungsbeschluss

Durchführungsbeschluss (EU) 2018/2048 der Kommission vom 20. Dezember 2018 über die harmonisierte Norm für Websites und mobile Anwendungen zur Unterstützung der Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates

EU-Norm EN 301 549

Die EU-Norm EN 301 549 „Accessibility requirements for ICT products and services“ ist der Rahmen für barrierefreie Technologien in der Europäischen Union. In Bezug auf Webseiten und Apps verweist sie auf die WCAG 2.1, also auf die aktuellen internationalen Richtlinien für Web-Barrierefreiheit. ICT steht dabei für Information and Communication Technologies. Daneben formuliert die Norm auch eigene Anforderungen an spezielle Formate wie Webseiten oder digitale Dokumente.

EU-Richtlinie 2016-2102

Die EU-Richtlinie 2016-2102 trat im September 2018 in Kraft. Sie harmonisiert die Web-Barrierefreiheits-Richtlinien der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten. Ihre Basis ist die WCAG in der jeweils aktuellen Ausformung.

EU-Richtlinie 2019/882 oder Europeans with Disabilities Act (EEA)

Der Europeans with Disabilities Act wurde 2019 verabschiedet. Er ist auch bekannt als EU-Richtlinie 2019/882, da es im EU-Recht im Grunde keine Acts gibt.
Der EAA schreibt Barrierefreiheit für einige Produkte des Alltags vor. Dazu gehören eBooks, Fahrkarten-Terminals und Bankautomaten.
Auch im Bereich eCommerce soll er die Barrierefreiheit verbessern.

Hypertext Markup Language (HTML)

Die Hypertext Markup Language ist die Basissprache des Web. Man nennt sie Markup- oder Strukturierungs-Sprache, weil sie Inhalte umrahmt und ihnen dadurch Eigenschaften verleiht.
HTML spielt eine Schlüsselrolle für die Barrierefreiheit mit assistiven Technologien. Es soll im Sinne der Trennung von Inhalt und Gestaltung nur verwendet werden, um Inhalte zu strukturieren. Die gesamte visuelle Gestaltung soll über CSS erledigt werden. Das Verhalten wird über JavaScript gesteuert.
HTML übernimmt in der Barrierefreiheit mehrere Schlüsselfunktionen:

  • Es sorgt für die Trennung von Struktur und Layout. Dadurch können Inhalte in einem anderen Layout dargestellt werden.
  • Es macht den Code maschinen-lesbar, siehe dazu auch Semantik.
  • Es sichert den Zugang für assistive Technologien, indem es Funktionen wie Auto-Ergänzungen oder die Prüfung auf valide Eingaben in Formularen erleichtert.

JavaScript/AJAX

JavaScript ist eine Programmiersprache, die HTML um dynamische Eigenschaften erweitert. AJAX ist eine Erweiterung von JavaScript. Es können dynamisch neue Inhalte geladen werden, ohne dass die Unterseite neu geladen werden muss.
Hartnäckig hält sich der Mythos, dass JavaScript nicht zugänglich gemacht werden kann. Das ist veraltet, tatsächlich spricht nichts gegen den verantwortungsbewussten Einsatz von JavaScript. Es kann sogar zur Barrierefreiheit für einige Gruppen beitragen.
Ein häufiges Problem besteht darin, dass eine Funktion wie eine Checkbox visuell nachgebaut und die Checkbox-Funktion mit JavaScript nachgerüstet wird. Die AT ist dann nicht in der Lage, das Element richtig zu erkennen und zu verwenden. Als Faustregel gilt, dass möglichst alle Funktionen mit HTML realisiert werden sollen. Nur wo HTML nicht ausreicht, soll Javascript eingesetzt werden.

Konformität/Conformance

Spricht man vom barrierefreien Internet, ist in aller Regel Konformität/Übereinstimmung/Erfüllung mit den Barrierefreiheits-Richtlinien gemeint. Konformität ist erreicht, wenn alle Anforderungen einer der Konformitätsstufen erreicht sowie die Konformitätsbedingungen erfüllt wurden.

Konformitätsbedingungen (Conformance Requirements))

Die Konformitätsbedingungen (Conformance Requirements)) sind Bedingungen, die generell erfüllt sein sollen, um Konformität mit den Richtlinien herzustellen. Es gibt fünf Bedingungen:

  • Um Konformität mit einer Stufe (A, AA oder AAA) zu erreichen, sind alle Erfolgskriterien der jeweiligen Stufe zu erfüllen.
  • Eine Erklärung zur Konformität umfasst einen gesamten Web-Auftritt. Konformität wird nicht dadurch erreicht, dass einzelne Unterseiten konform sind.
  • Gehören Webseiten zu einem Prozess, muss jede Unterseite dieses Prozesses die jeweilige Konformitätsstufe erfüllen.
  • Wird eine Funktion oder Information nicht barrierefrei bereitgestellt, gibt es eine barrierefreie Alternative zu dieser Information oder Funktion.
  • Werden nicht-barrierefreie Technologien verwendet, hindern sie den Nutzer nicht daran, den Rest der Website zu nutzen.

Konformitätsstufe/Conformance Level

Alle Erfolgskriterien der WCAG sind drei Konformitäts-Stufen zugeordnet:
A = muss erfüllt sein
AA = sollte erfüllt sein
AAA = kann erfüllt sein
Um überhaupt von Barrierefreiheit sprechen zu können, müssen alle Anforderungen erfüllt sein, die unter A eingeordnet sind. In Deutschland wird von der BITV die Stufe AA gefordert. Das heißt, es müssen alle Kriterien unter A und AA erfüllt sein. Die Stufe AAA bedeutet , dass alle Erfolgskriterien erfüllt sein müssen. Das wird allerdings nur von zentralen Seiten wie der Startseite erwartet. Das W3C selbst räumt ein, dass eine flächendeckende Erfüllung von AAA für einen komplexen Web-Auftritt kaum erreichbar ist.

Lese-Reihenfolge/Reading Order

Die Lese-Reihenfolge legt fest, in welcher Reihenfolge Elemente auf einer Website vorgelesen werden. Das ist wichtig, da Webseiten für Blinde nicht mehrspaltig, sondern linear und hintereinander erscheinen.
Wichtig ist die Lese-Reihenfolge auch für PDFs. Es kann passieren, dass Blinden PDFs in einer sinnfreien Reihenfolge vorgelesen werden. Beachten Sie dazu auch die Tab-Reihenfolge.

Leichte Sprache/einfache Sprache

Die Leichte Sprache ist eine stark vereinfachte Form der Alltagssprache. Sie wird vor allem für lernbehinderte Menschen eingesetzt, um ihnen eine selbständige Information zu ermöglichen. Derzeit gibt es vor allem zwei wichtige Regelwerke zur Leichten Sprache in Deutschland: Die Regeln des Netzwerks Leichte Sprache sowie das Regelwerk der Universität Bielefeld. Außerdem sind in der aktuellen BITV ein paar allgemeine Anforderungen festgelegt. International wird auch von Easy Reading oder easy to read gesprochen.
Die einfache Sprache richtet sich eher an Menschen mit geringer Lese-Erfahrung mit komplexen Texten. Hierzu gibt es in Deutschland derzeit kein offizielles Regelwerk. In den USA spricht man von Plain Language.
Sowohl zur Leichten als auch zur Einfachen Sprache werden aktuell DIN-Regelwerke entwickelt.

Linearisierbarkeit

Linearisierbarkeit hängt eng mit der Lese-Reihenfolge zusammen. Es geht darum, dass mehrdimensionale Inhalte wie Tabellen in eine für assistive Technologien sinnvolle Reihenfolge gebracht werden können.
Assistive Technologien sollen in der Lage sein, mehrspaltige Inhalte sinnvoll anzuzeigen. Dafür ist wichtig, dass man linear durch die Inhalte durchgehen kann, ohne dass man sinnvlose Folgen angezeigt bekommt. Wird eine Tabelle zum Beispiel nicht korrekt linearisiert, ist sie für Nutzer assistiver Technologien unbrauchbar.

Mehr-Sinne-Prinzip/Mehr-Kanal-Prinzip/multi-sensorisch

Das Mehr-Sinne-Prinzip besagt, dass Informationen auf mindestens zwei Wegen zugänglich sein müssen. Klassisches Beispiel ist das Video, das für Gehörlose durch Untertitel zugänglich wird.
Dazu gehört aber auch, dass eine Information über mehrere Kanäle zugänglich gemacht wird. So soll eine Information nicht nur per Farbe oder Farbänderung vermittelt werden. Auch Positions-Angaben wie „oben links“ oder „unten rechts“ sind mono-sensorisch. Eine blinde Person bekommt Informationen nur linear ausgegeben und kann mit dieser Information im digitalen Kontext nichts anfangen.

Nicht-Text-Elemente

Mit Nicht-Text-Inhalten bzw. Elementen sind alle Inhalte gemeint, die nicht als konventioneller Text vorhanden sind. Dazu zählen vor allem Grafiken, grafische Bedien-Elemente, aber auch Formular-Elemente wie Eingabefelder oder Checkboxen.

Normativ/informativ

Alle offiziellen Dokumente der WAI werden in normativ und informativ aufgeteilt. Normative Dokumente wie die WCAG sind kanonisch. Sie haben einen langen Prozess durchlaufen und werden nur selten geändert.
Informative Dokumente wie die Techniques werden häufiger angepasst bzw. korrigiert. Sie gelten anders als die WCAG nicht als verpflichtend.

Priorität

Priorität hieß im Zusammenhang mit der BITV 2.0 2011 ein bestimmter Standard in der Web-Barrierefreiheit. In der BITV 2011 war die Priorität I der Mindest-Standard für Barrierefreiheit und entsprach im Wesentlichen der WCAG 2.0 AA. Die Priorität II entsprach der Konformitätsstufe WCAG 2.0 AAA. Die Prioritäten gelten nicht mehr, da die BITV 2.0 2019 auf die WCAG 2.1 AA referenziert.

Reflow/PDF Reflow

Reflow bezeichnet eine Technik, bei der visuelle Struktur eines Dokuments etwa bei Zoom aufgelöst und an die Größe des Fensters oder an den Zoom angepasst wird.
Während Reflow bei modernen Webseiten Standard ist, gibt es bei PDF derzeit keine offizielle Technik, um Reflow umzusetzen. Acrobat hat einen eigenen Reflow-Modus, der aber nicht Teil des PDF-UA- bzw. des offiziellen PDF-STandards ist.

RFC – Request for comments

Request for comments ist eine Sammlung von Begriffen und deren Verwendung in technischen Dokumenten. Da viele Begriffe interpretations-fähig sind, wird das RFC als fester Kanon verwendet. So sind Begriffe wie „soll, muss, kann“ in ihrer Verwendung im RFC fest definiert, wenn sie im Englischen in den technischen Dokumenten groß geschrieben werden.

Screenreader/Sprachausgabe

Ein Screenreader ist eine spezielle assistive Technologie in erster Linie für blinde Menschen. Er liest Informationen aus der Barrierefreiheits-Schnittstelle aus und gibt sie als Sprache oder Blindenschrift/Braille aus. Die Sprachausgabe ist ein reines Ausgabe-Medium und nicht identisch mit dem Screenreader.
Gängige Betriebssysteme verfügen teils über rudimentäre, teils über ausgefeilte integrierte Screenreader. Auf Desktop-Systemen werden häufig eigene Screenreader installiert. Auf Windows sind das vor allem der kostenlose NVDA sowie das kostenpflichtige Jaws.

Screen Magnifier/Vergrößerung

Der Screen Magnifier ist ein Programm, um Inhalte einer Benutzeroberfläche zu vergrößern. In Deutschland spricht man häufig auch von Bildschirm-Lupe. Einfache Bildschirm-Lupen sind in den gängigen Betriebssystemen integriert.
Daneben gibt es dedizierte Magnifier für stark sehbehinderte Personen wie Zoomtext oder Magic. Sie ermöglichen neben der Vergrößerung auch die Verwendung eigener Farbschemata, die Anpassung von Tastatur-Fokus oder Mauszeiger und vieles mehr. Teils sind auch Vorlesefunktionen integriert.

Section 508

Im anglo-amerikanischen Bereich wird häufig die Section 508 erwähnt. Es handelt sich um die Vorgaben für Barrierefreiheit für amerikanische Bundesbehörden.
Davon zu unterscheiden ist der Americans with Disabilities Act. Er schreibt Barrierefreiheit auch für Privat-Unternehmen vor.

Sensory Characteristics/sensorische Merkmale

Sensorische Merkmale sind Informationen, die nur über einen Kanal vermittelt werden, etwa über optische Informationen wie Farbe, Form, Position oder über Ton.
Bei solchen Merkmalen ist ein weiterer, von diesem Sinneskanal unabhängiger Informationskanal bereit zu stellen.

Semantik/Maschinen-lesbar

Semantik heißt, dass die Rolle eines Elements und ggf. ihr Zustand durch eine Maschine verstanden werden kann. Wird zum Beispiel ein Formular vollständig mit gängigen HTML-Standards programmiert, kann eine Software wie ein Screenreader erkennen, ob es sich um ein Text-Eingabefeld oder ein auswählbares Element wie eine Checkbox handelt und welchen Zustand die Checkbox hat, also ob sie aktiviert oder nicht aktiviert ist. Ist die Checkbox zwar visuell, aber nicht maschinell als Checkbox erkennbar, kann die AT nichts damit anfangen.
In diesem Zusammenhang wird auch von Namen, Rolle und Wert gesprochen (Name, Role, Value). Bei dem Beispiel Checkbox ist der Name das visuell sichtbare Element, die Rolle ist Checkbox und der Wert ist aktiviert oder nicht aktiviert.
Die Semantik wurde mit den aktuellen Web-Standards stark erweitert. In HTML 4 wurde vor allem mit DIV-Einheiten gearbeitet. DIV sind Container, die weitere Inhalte enthalten können. Sie Werden etwa für Navigation, Inhalts- oder Fußbereich eingesetzt. Mittlerweile gibt es aber für Navigation, Inhalt und Fuß-Bereich eigene HTML-elemente.
Einen ähnlichen Zweck erfüllt auch ARIA: Es fügt einigen Elementen Semantik hinzu, die ansonsten nicht maschinen-lesbar wären.

SMIL

SMIL wird wie „Smile“ ausgesprochen und steht für Synchronized Multimedia Integration Language. Es handelt sich um eine XML-basierte Sprache, mit der unterschiedliche Medientypen integriert und synchronisiert werden können. So können etwa Filme mit Audiodeskription über SMMIL verknüpft werden, ohne dass die Audiodeskription fest in das Video eingebettet werden muss.

Sprachausgabe

Eine Sprachausgabe ist ein Ausgabe-Medium für textliche und Struktur-Informationen. In der Regel ist sie ein Modul einer assistiven Technologie wie eines Screenreaders oder einer Vorlese-Software für Lesebehinderte.
Es gibt synthetisch und eher natürlich klingende Sprachausgaben. Blinde arbeiten eher mit synthetischen Sprachausgaben.
Die Sprachausgabe wird häufig synonym mit dem Screenreader genannt, allerdings kann ein Screenreader Informationen auch als Blindenschrift ausgeben und unterschiedliche Sprachausgaben verwenden.

Tab Order/Tab Index aka Tab-Reihenfolge

Die Tab-Reihenfolge beschreibt die Reihenfolge, in welcher sich der Tab durch anklickbare Elemente bewegt.
Tabindex ist ein HTML-Attribut, mit dem man die Tab-Reihenfolge ändern kann.

Tag/Tagging/getaggt

Tags ist Englisch und heißt in etwa Markierung. Tags sind für die oben genannte Semantik wichtig, um Elemente für Maschinen lesbar zu machen. Tagging ist der Vorgang des Zuweisens von Tags.

Techniques

Die Techniques sind Hinweise darauf, wie Anforderungen der Barrierefreiheit im Einzelfall erfüllt werden können. Sie sind informativ und keine Voraussetzung dafür, die Erfolgskriterien zu erfüllen.
Während WAI-Erfolgskriterien immer testbar sind, gilt das für Techniques nicht.
Es gibt drei Arten von Techniques:

  • Sufficient Techniques sind konkrete Empfehlungen. Werden sie umgesetzt, ist das jeweilige Erfolgskriterium erfüllt. Sie müssen aber nicht angewendet werden, um ein Erfolgskriterium zu erfüllen.
  • Advisory Techniques sind weitergehende Empfehlungen. Sie sind nicht immer kompatibel mit allen assistiven Technologien, aber können in vielen Fällen die Barrierefreiheit für einige Nutzer:Innen ermöglichen oder verbessern.
  • Failures sind Techniques, welche die Barrierefreiheit einschränken oder verhindern und deshalb vermieden werden sollten.

Understanding Techniques for WCAG Success Criteria

Template/Vorlage

Ein Template bezeichnet einen bestimmten Seitentypen oder eine Vorlage. Eine Website kann aus tausenden Unterseiten bestehen. In der Regel hat sie aber nur eine Handvoll Templates. Die Startseite zum Beispiel enthält häufig neben- und untereinander angeordnete Kacheln, eine Inhalts-Seite Texte und Bilder in einer Spalte und so weiter.
Wenn Sie Unterseiten für einen Seitentest auswählen, achten Sie darauf, dass die wichtigsten Templates bei dem Test geprüft werden. Es bringt kaum Erkenntnisse, zwei Seiten zu testen, die auf dem gleichen Template aufbauen.

Trennung von Struktur, Gestaltung und Verhalten

Ein Klassiker der Web-Barrierefreiheit ist die Trennung von Struktur, Gestaltung und Verhalten. Die Struktur wird mit HTML umgesetzt, die Gestaltung mit CSS und das Verhalten mit JavaScript. Das Ziel ist, dass die Inhalte der Webseite durch AT oder andere Hilfen unabhängig dargestellt werden können.

Validierung/Validität/valider Code

Validität hat zumindest zwei Bedeutungen:
Ein Code soll bestimmte formale Anforderungen erfüllen, um richtig zu funktionieren. Man nennt das Validität.
HTML und CSS können durch Tools für Web-Entwickler auf Validität geprüft werden.
Bitte beachten Sie, dass schon kleine Fehler im Code tausende von Fehlermeldungen auslösen können. Bei deutschen Webseiten lösen oft falsche Zeichencodierungen der Umlaute Fehlermeldungen aus. Diese und die meisten anderen Fehlermeldungen bei der Validierung sind in der Praxis für die Barrierefreiheit nicht relevant. Valider Code ist immer sinnvoll, aber er ist für die Barrierefreiheit weder in die eine noch in die andere Richtung entscheidend.
Validierung von Daten
Bei der Validierung zum Beispiel von Eingaben in einem Formular werden Eingaben auf formale Korrektheit überprüft. So muss eine Telefonnummer Ziffern enthalten, eine Mail-Adresse ist auf eine bestimmte Weise aufgebaut.
Validierung findet heute häufig im Browser dynamisch statt. Das heißt, die Seite wirt nicht neu geladen und Fehler werden direkt bei der Eingabe angezeigt.

WCAG/Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) werden von einer Arbeitsgruppe des World Wide Web Consortiums entwickelt – der WAI.
Sie sind praktisch die Basis für alle nationalen Richtlinien zur Web-Barrierefreiheit. Sie wirken sich aber auch in andere Bereiche wie barrierefreie Dokumente oder barrierefreie Software aus. Der letzte Stand ist WCAG 2.2 aus dem November 2023.

Web Accessibility Initiative (WAI)

Die Web Accessibility Initiative ist eine Arbeitsgruppe des World Wide Web Consortiums. Sie entwickelt zahlreiche Standards und Empfehlungen zur Web-Barrierefreiheit. Die WCAG sind die Wichtigsten, aber nicht die einzigen Dokumente dieses Gremiums. Im Zweifelsfall ist die WAI die letzte Entscheidungs-Instanz, wenn es um barrierefreie Webseiten geht.

Website/Webseite

Die Unterscheidung zwischen Website und Webseite ist auch für die Barrierefreiheit relevant. Eine Website bezeichnet den gesamten Web-Auftritt. Eine Webseite Web Page() ist eine einzelne Unterseite. Mit Homepage ist die Startseite gemeint, der Begriff wird heute aber meistens synonym mit Website für das gesamte Web-Projekt verwendet.

World Wide Web Consortium (W3C)

Das World Wide Web Consortium (W3C) ist ein internationales Gremium. Es entwickelt und betreut die meisten Standards zum Web wie etwa HTML, CSS, aber auch die Standards zur Barrierefreiheit wie die

Abkürzungen

A11Y häufig auch ALLY = Kürzel für Accessibility
AD Audiodeskription
API Application Programming Interface
ARIA Accessible Rich Internet Application
AT Assistive Technologien
ATAG Authoring Tool Accessibility Guidelines
BGG Behinderten-Gleichstellungsgesetz
BIK Barrierefrei informieren und kommunizieren
DGS Deutsche Gebärdensprache
IAAP International Association of Accessibility Professionals – internationaler Zusammenschluss von Barrierefreiheits-Profis
ICT Information and Communication Technologies
LS Leichte Sprache
RFC Request for comments
UAAG User Agent Accessibility Guidelines
UT Untertitel
W3C World Wide Web Consortium
WAI Web Accessibility Initiative
WCAG Web Content Accessibility Guidelines