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Werbung ignoriert Sehbehinderte und Blinde

Menschen mit Sehschwäche werden normalerweise bei Werbekampagnen nicht beachtet. Das mag für Menschen mit Hörschwäche auch gelten, das kann ich allerdings nicht beurteilen. Die ganze Fanfare von Plakaten, Litfaßsäulen, Schaufenstern, Werbeprospekten, Bannerwerbung und Flashanimationen im Netz, aber oft auch Fernsehwerbung gehen spurlos an uns vorbei. Die Ausnahme ist Werbung im Radio.
Ich selber besitze keinen Fernseher. Die Werbung im Internet ging mir mit ihrem permanenten Geflacker dermaßen auf die Nerven, dass ich sie abstellen musste. Aber auch ohne Werbeblocker wusste ich nicht, wofür da eigentlich geworben wird. Wenn es mich interessiert hätte, könnte ich es nicht herausfinden, da das bunte Geflacker von GIF- und Flashanimationen auf Alternativtext oder generell auf textliche Botschaften verzichtet. Wir wissen also in der Regel weder welche Marke beworben wird noch um was für ein Produkt es sich handelt.
Eine Ausnahme sind die Google-Textanzeigen, die wir im Gegensatz zu den Sehenden nicht einfach überspringen können. Obwohl Google mit sehr cleveren Algorithmen arbeiten soll passen die Anzeigen nur selten zu dem Inhalt der Website. Man kann sich kaum vorstellen, dass da tatsächlich jemand absichtlich draufklickt. Bei der Fernsehwerbung sieht es ähnlich aus: sie arbeitet vor allem mit Bildbotschaften. Versuche einmal, ohne hinzuschauen herauszufinden, welches Produkt oder welche Marke beworben wird. Oft wird nämlich weder der Name der Marke noch das Produkt genannt. Abgesehen davon entwickelt jeder Zuschauer seine eigenen Strategien, um die Werbepausen zu überbrücken: ein Toilettengang, Snacks aus der Küche holen, Zappen…
Ich kann mich gut an die Debatten über die „Du bist Deutschland“-Kampagne erinnern, wo ich vielleicht der einzige Mensch war und bin, der keinen derartigen Werbespot gesehen oder gehört und keines der Plakate gesehen hat. Das hat mich persönlich nicht gestört, ich will nur deutlich machen, dass viele Leute wie ich heute durch Werbung gar nicht mehr erreicht werden. Die Zahl der blinden und schlecht sehenden Personen in Deutschland ist durchaus so hoch, dass die Unternehmen sich hier eine Zielgruppe entgehen lassen.
Natürlich hat noch niemand eine Kampagne für barrierefreie Werbung vom Stapel gelassen, das wäre wohl ein wenig zynisch. Aber eine Situation, in der wir völlig ignoriert werden, kann uns nicht kalt lassen. Denn die gleichen Denkfehler könnten dazu geführt haben, dass auch viele Kauf- und Auktionsseiten nicht barrierefrei sind.