Barrierefreiheit von Podcasts


Da ich häufiger danach gefragt werde: Bei Podcasts gibt es ein paar Dinge zu beachten, damit sie barrierefrei sind.

Plattform für Hosting und Verbreitung

Zunächst einmal ist wichtig, dass der Podcast über barrierefreie Plattformen bereitgestellt wird. Entscheidend für die Hörenden ist, dass der Player gut bedienbar ist. Ich zum Beispiel nutze Podigee, das meiner Erfahrung nach gut mit Screenreader und Tastatur läuft. Die Möglichkeit des Downloads sollte über den Player ebenfalls bereitgestellt werden. Zur Not kann man den Inhalt dann einfach im Browser hören, der Firefox zum Beispiel hat einen einfachen MusikPlayer integriert. Oder man nutzt den eigenen Player auf dem Rechner. Auch die Standard-Website für den gehosteten Podcast von Podigee ist ganz gut nutzbar, ich habe sie allerdings nicht systematisch auf Barrierefreiheit geprüft. Ich gehe davon aus, dass man bei den Hostern mit höherwertigen Accounts auch die Website für den Podcast selber gestalten kann, so viel kann und wollte ich allerdings nicht investieren.
Wichtiger ist allerdings, dass der Podcast über möglichst viele Podcast-Plattformen verfügbar ist. Dazu gehören Google Podcast, Streaming-Dienste wie Spotify oder Deezer oder auch die Apple-Plattform.
Hintergrund ist, dass mittlerweile Podcasts überwiegend auf Smartphones gehört werden und diese Plattformen eine bessere Nutzbarkeit haben als die meisten Seiten. Dann wird der plattform-eigene Player verwendet und es spielt keine Rolle, ob der Ursprungs-Anbieter einen barrierefreien Player anbietet. Ich war überrascht, dass mein eigener Podcast überwiegend über Spotify gehört wird, fast die Hälfte der Hörenden nutzt Spotify. Ich hätte eher auf Google Podcasts oder eine andere Podcast-Plattform getippt. Bei Spotify fehlt mir die Funktion, die Abspiel-Geschwindigkeit einzustellen. Außerdem wird der RSS-Feed stark genutzt, wobei man nicht eruieren kann, ob der Feed über alternative Podcatcher oder direkt übers Web genutzt wird.

Technische Qualität

Entscheidend ist auch die Ton-Qualität. Die einen nervt es, die anderen verstehen nichts mehr. Ich breche regelmäßig das Anhören von Episoden ab, wenn sie etwa zu leise aufgenommen wurden. Die Lautstärke komplett aufzudrehen kann Neben-Geräusche verstärken oder wirkt sich anderweitig aus, etwa bei schlechten Lautsprechern. Benutzt man wie ich externe Bluetooth-Hörer ohne eigenen Verstärker, ist die Erhöhung der Lautstärke unter anderem aus Hörschutz-Gründen beschränkt. Das heißt, dass man zu leise Podcasts dort nicht beliebig lauter machen kann.
Fast noch wichtiger ist eine gleichbleibende Lautstärke. Das Schlimmste für einen Hörgeschädigten neben einer schlechten Audio-Qualität ist, wenn er ständig laut und leise drehen muss, weil die Aufnahme nicht gleichmäßig laut ist, zum Beispiel weil die Sprechenden unterschiedliche und nicht optimale Technik verwenden.
Der Fairness halber muss man sagen, dass eine professionell klingende Aufnahme von einem Hobby-Podcastenden nicht erwartet werden kann. Jede kann am Kompressor drehen oder sich ein halbwegs gutes Mikrofon kaufen. Eine Aufnahmekabine hingegen geht ordentlich ins Geld und nimmt viel Platz weg. Ebenso kann man von einem Laien keine professionelle, geschulte Stimme erwarten. Für einen Hobby-Podcast wird niemand ein professionelles Stimm-Training absolvieren. Und auch das Bearbeiten von Stimm-Aufnahmen ist eine Fertigkeit, die man beherrschen muss, es gibt nicht umsonst Tontechnikerinnen, die genau das machen.
Andererseits muss man sich als Anbieterin bewusst sein, dass schlechte Ton-Qualität der wichtigste Ablehnungs-Grund ist. Ein halbwegs gutes Mikrofon und ein Vorverstärker sowie eine halbwegs ruhige Aufnahme-Situation sollten im Rahmen sein. Ein wenig kann man in der Post-Produktion mit Audacity und Co. auch noch rausholen. Aber entscheidend ist die Aufnahme-Qualität.
Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen: Jede Person, die sich häufiger interviewen lässt oder an Internet-Calls, sollte die 40 € in ein einfaches USB-Headset investieren. Wenn jemand so klingt, als ob er 6 Meter vom Mik entfernt saß wissen wir, da wurde mal wieder das Laptop-Mikro verwendet. Da kann man auch in der Post-Produktion kaum noch was retten. Selbst die Smartphones klingen hier ein wenig besser.
Aus meiner Erfahrung aus zahlreichen Vorträgen und Schulungen – die ich gehalten bzw. gehört habe – kann ich sagen, dass der ultimative Tip ist, langsam zu sprechen. Alles Andere wie eine gute Betonung und eine saubere Aussprache sind Feinarbeit.
Wie oben gesagt ist die Anhebung der wahrgenommenen Lautheit zwar sinnvoll, aber das rettet keine schlechte Sound-Qualität. Generell sollten in der Post-Produktion immer mindestens zwei Möglichkeiten genutzt werden. Der Kompressor sorgt für eine gleichmäßige Lautstärke, die Funktion Lautheit Normalisieren – so heißt sie bei Audacity – erhöht die Lautstärke insgesamt. Hier muss man nicht bis zum maximalen Pegel gehen, da es dann schnell übersteuert. Auch die Rausch-Reduktion ist hier wichtig, da eine Anhebung des Pegels natürlich auch das Grund-Rauschen verstärkt.
Andere Optionen wie der grafische EQ können die Aufnahme aufpolieren, haben aber nach meiner Erfahrung keinen Einfluss für Schwerhörige.

Transkript

Last but not least ist das Transkript wichtig: Eine Text-Version des Podcasts. Sie ist nach WCAG verpflichtend, aber auch ein guter Service. Schließlich liest es sich schneller als es zu hören. Schnell mal was nachhören ist im Podcast nicht möglich.
Ich nutze tatsächlich YouTube für die automatische Transkription Die kostenpflichtigen Tools sind wahrscheinlich besser, aber auch von den Kosten eher schwer zu verkraften. Tatsächlich macht das Transkript bzw. die Korrektur desselben die meiste Arbeit.
Andere Dinge wie Kapitelmarken sind optional. Wenn ein Podcast mehrere Stunden dauert und nicht aus Gründen der Unterhaltung gehört wird, mag das sinnvoll sein. Allerdings hatte ich diesen Fall bisher nicht.
Mein Favorit-Feature ist eine Anpassung der Abspiel-Geschwindigkeit. Deutsche Podcasts höre ich meistens bei einem Tempo von 1,5. Weil die Leute zu langsam reden. Aber auch das hat nichts mit Barrierefreiheit zu tun, das ist Conveniienz.